- Politik
- Zentrum für politische Schönheit
Innenministerium verhindert Auftritt von Aktionskünstler
Philipp Ruch darf nicht bei einem Kongress der Bundeszentrale für politische Bildung auftreten. Der Künstler spricht von Zensur.
Nach einer Intervention des Bundesinnenministeriums darf der Leiter des »Zentrums für politische Schönheit«, Philipp Ruch, anders als zunächst geplant nicht bei einem Kongress der Bundeszentrale für politische Bildung unter dem Titel »Das Ende der Politik der Toleranz« auftreten. Das Ministerium verweist in ihrer Begründung auf die Aktion »Soko Chemnitz«, bei der die Künstlergruppe vergangenes Jahr über eine Internetseite nach Teilnehmern einer rechten Demonstration »gefahndet« hatte. Aktionen wie diese würden dazu beitragen, eine weitere Polarisierung der politischen Debatte voranzutreiben und einer Spaltung der Gesellschaft Vorschub zu leisten.
Wegen der Aktion in Chemnitz soll Ruch nun nicht beim Bundeskongress der Bundeszentrale auftreten dürfen, der von Donnerstag bis Samstag unter dem Titel »Was uns bewegt. Emotionen in Politik und Gesellschaft« in Leipzig stattfindet.
»Eine maßgeblich von staatlichen Institutionen getragene Veranstaltung darf für die Propagierung von Maßnahmen, die sich der Ausgrenzung und Einschüchterung bedienen, nicht als Bühne dienen«, schrieb das Innenministerium auf Nachfrage dem »nd«. Dies würde Ansehen und Reputation der Bundeszentrale für politische Bildung nachhaltig beeinträchtigen. In dem Schreiben an Ruch, welches dem »nd« vorliegt, heißt es nur knapp: »Als staatliche Behörde gilt es für uns zu vermeiden, unmittelbar oder auch möglicherweise nur mittelbar auf ein laufendes Verfahren in welcher Form auch immer einzuwirken. Wir müssen dementsprechend unseren Vertrag mit Ihnen widerrufen.« Ruch äußerte gegenüber dem Stern, er wisse nichts von einem laufenden Verfahren. Für den 38-Jährigen stelle die Ausladung eine Zensur da, für die es keine legitime Erklärung gebe: »Einen Künstler politisch mundtot machen zu wollen, ist einer Demokratie nicht würdig.«
Das Bundesministerium wies den Vorwurf der Zensur zurück. Es erklärte, die Bundeszentrale für politische Bildung sei eine Behörde im Geschäftsbereich des Bundesinnenministeriums. Die Abstimmung über Redner größerer Veranstaltungen sei »allgemeines Verwaltungshandeln«.
Gegenüber »nd« kritisiert das Zentrum für politische Schönheit das Innenministerium: »Herr Seehofer ist in Deutschland an oberster Stelle für die Bekämpfung des Rechtsextremismus zuständig. Selbst wir machen in diesem Bereich bessere Arbeit. Der Innenminister muss sofort zurücktreten.« fhi
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