- Sport
- Alba Berlin
»Sport ist kein Bausparvertrag«
Doppelbelastung durch Europapokal nimmt Alba Berlins Basketballern die Kraft für die Liga
Der Laie mag es für Glück oder Pech halten, die meisten Fans vermutlich auch. Manchmal treffen Basketballer jeden Wurf. Egal von wo, egal, wie gut der Gegner verteidigt: Der Ball findet wie von selbst den Weg in den Korb. Aber dann gibt es auch Tage, an denen er immer zwei, drei, vier mal auf dem Ring herumtanzt, um dann doch nicht durchzurutschen. Marco Baldi hat in knapp 29 Jahren als Manager und Geschäftsführer von Alba Berlin zu viele Basketballspiele gesehen, um das noch für Pech zu halten. »Wenn das sechs oder sieben Mal passiert, weiß ich, dass es nicht am Schiedsrichter liegt oder am Gegner, sondern daran, dass etwas fehlt. Der Wille war heute da, aber die Energie hat gefehlt«, sagte Baldi über die 78:94-Heimniederlage der Berliner gegen Oldenburg.
Da parallel auch noch das Überraschungsteam der Liga, Rasta Vechta, den Spitzenreiter Bayern München bezwang, blieb für Alba am Sonntagabend statt des angestrebten zweiten Tabellenplatzes nur Rang fünf in der Bundesliga. Aus eigener Kraft ist noch Platz drei drin. Um Oldenburg noch zu überholen, ist Berlin aber auf Schützenhilfe angewiesen. Es war also ein durchaus wichtiges Spiel, denn beide Teams könnten im Halbfinale der Playoffs wieder aufeinander treffen. Wer in der Hauptrunde vorn liegt, hätte dann im entscheidenden Spiel Heimrecht. Vor einem Jahr gab es das Duell. Es ging mit 3:2 an die Berliner - jedes Team hatte seine Heimspiele gewonnen.
Umso ärgerlicher war es für Alba, dass man in der Woche vor dem Duell mit den Niedersachsen zwei Eurocup-Viertelfinalpartien gegen Malaga zu bestreiten hatte. »Wir sind erst gestern zurückgeflogen, hatten kein echtes Training. Das ist nicht gerade die perfekte Vorbereitung«, sagte Albas Martin Hermannsson, der zwar immerhin 13 Punkte erzielte, danach aber dennoch die Umstände beklagte: »Heute hat unser Gegner die wichtigen Würfe getroffen, und wir nicht. Das ist extrem frustrierend besonders nach unserem tollen Sieg in Malaga. Wir wollten auch heute unbedingt gewinnen. Aber manchmal ist der Geist einfach zu müde dafür.«
In den Wirren von vier verschiedenen Europapokalwettbewerben waren die Oldenburger zu Beginn der Saison durch einen unerwarteten Wechsel Bambergs herabgestuft worden. Im FIBA Europa Cup wollten sie dann nicht antreten. »Wir haben das nicht entschieden. Oldenburg gehört auf die internationale Bühne. Aber durch Bamberg sind wir aus der Champions League geflogen. Ja, wir haben dann entschieden, nicht in einer unterklassigen Liga im Niemandsland zu spielen«, rechtfertigte Trainer Mladen Drijenčić den Umstand, dass sein Team nun regelmäßig mehr Zeit zur Spielvorbereitung und Regeneration hat als Alba oder die Bayern, die sie auch unter ähnlichen Bedingungen bezwingen konnten. »Wir haben heute sehr diszipliniert und clever gespielt. Aber natürlich hat Alba ein kompaktes Programm und nicht die Chance, sich ideal auf diese Partie vorzubereiten«, wusste Drijenčić den Sieg am Sonntag einzuordnen. »Es tut mir leid, dass die nationalen und internationalen Verbände ihre Spieltage nicht besser aufeinander abstimmen können.«
Albas Geschäftsführer Baldi wollte diese Geste, so fair sie auch gemeint war, dennoch nicht stehen lassen. »Wir hatten jetzt sechs harte Spiele in drei Tagen. Damit müssen wir leben. Aber hey, ganz oben ist das Leben schwer. Und wir wollen da oben sein. Würde Oldenburg auch international spielen, wären sie vielleicht in einer ähnlichen Situation wie wir. Aber sie haben sich genau für das Gegenteil entschieden.« Das sei allerdings auch völlig legitim. Und den Vorteil müsse man auch erst mal zu nutzen wissen. »Aber die Verbände haben damit nichts zu tun«, so Baldi. Und ob Oldenburgs Plan auch in den Playoffs noch so gut funktioniere, wenn der Spielrhythmus auf drei Spiele pro Woche angehoben wird, bleibe abzuwarten.
Albas letzte Woche hatte das Potenzial, eine äußerst positive zu werden: Platz zwei in der Liga absichern, dazu ins Halbfinale des Eurocups einziehen, war der Plan. Letzteres könnte nun am Mittwoch beim Entscheidungsspiel gegen Malaga auch noch schiefgehen »Natürlich gibt es diese Möglichkeit, aber so ist das Sportlerleben«, sagte Baldi. »Spitzensport ist schließlich kein Bausparvertrag. Wir müssen immer an der Grenze agieren. Eine Sicherheit gibt es nicht.«
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.