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Läuferin und Langhaarzicken
Jason Reynolds schreibt über ein Mädchen mit zwei Müttern
Alle nennen Patina Jones nur bei ihrem Spitznamen Patty: »Patty, lauf!«, heißt es auf dem Sportplatz, denn das junge Mädchen ist eine begnadete Sportlerin. Sie rennt, sie schindet sich, sie powert sich aus - bis sie sich vor Schmerz auf dem Rasen krümmt.
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Jason Reynolds: Patina. Was ich liebe und was ich hasse.
A. d. Engl. v. Anja Hansen-Schmidt. Reihe Hanser bei dtv, 256 S., geb., 14,95 €.
Ihr großes Vorbild ist die Olympiasiegerin Florence Griffith-Joyner; von ihr hat sich Patty die bunten Fingernägel abgeschaut. Patty vergisst alles, wenn sie rennt. Und sie hasst es, in einem Wettkampf »nur« Zweite zu werden. Dann bekommt sie so üble Laune, dass es im ganzen Team knirscht … Patty ist eine schlechte Verliererin, und sie weiß das. Aber reden möchte sie darüber nicht.
Jason Reynolds steigt in die Geschichte ein, als Patty und ihre Schwester Madison - genannt Maddy - schreckliche Schicksalsschläge ereilen. Der Vater stirbt überraschend, und der Mutter müssen beide Beine abgenommen werden. Sie ist seit vielen Jahren an Diabetes erkrankt. Vergeblich stellt sich Patty wieder und wieder vor, wie der Vater einfach aufwacht, und ihre kleine sechsjährige Schwester fragt nervensägenartig ein um das andere Mal, wohin Mas Beine verschwunden sind und wen sie wohl jetzt durchs Leben tragen.
Es hilft alles nichts, Patty und Maddy müssen zu Tante und Onkel umziehen. Sie verlieren Schul- und Kindergartenfreundinnen, verlassen ihre gewohnte Umgebung und sehen ihre Mutter nur an den Wochenenden. Obwohl Tante Emily und Onkel Tony sie liebevoll versorgen, aus »Mom Emily« schnell »Momly« wird und aus dieser eine zweite Mutter, die der ersten in nichts nachsteht, gibt es genügend Probleme im Leben der beiden Mädchen. Jason Reynolds erzählt sie mit Spannung und Teenager-Humor, trotz der ernsten Dinge, um die es geht.
Der junge Autor aus Washington, D. C. ist Literaturwissenschaftler und hat einmal gesagt, er schreibe die Bücher, die er als Teenager gern gelesen hätte. Inzwischen ist er New Yorker geworden, und man soll ihn hin und wieder vor sich hin murmelnd durch Brooklyn laufen sehen. Vielleicht sammelt er Stoff für seine »Lauf-Reihe«. Denn bevor er sich Patina zuwandte, schrieb er bereits die ihrer Mitläufer Ghost und Sunny auf.
Als Patina in deren Sportlerteam aufgenommen wird, weiß keiner von Pattys Schicksal. Erst so nach und nach lernt sie, sich zu öffnen, und verliert die Furcht vor den »Langhaarzicken« in ihrer Klasse, als sie bemerkt, dass die auch nur Mädchen mit Schwächen und Stärken sind.
Bei einem Schulprojekt lerntsie Becca besser kennen. Sie ist die Tochter von Raketenwissenschaftlern und hat in ihrem Zimmer einen Sternenhimmel an der Decke. Patty staunt. Zusammen arbeiten die beiden an einem Referat über Frida Kahlo, die mexikanische Malerin. Vielleicht wird Becca die Freundin von Patty und die neue Protagonistin in Jason Reynolds Laufreihe.
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