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Mehr Energie!
Titelverteidiger Berlin Volleys will mit Hilfe der wohl besten Bankspieler der Bundesliga auch im Halbfinale bestehen
Volleyball ist in den USA nur Randsportart, und doch bestimmt Amerika längst auch diese Sportart. Die deutsche Bundesliga setzt sogar noch eins drauf, denn der wertvollste Spieler - im amerikanischen Original der Most Valuable Player (MVP) - wird in Deutschland nicht erst nach der Saison gekürt, sondern immer wieder neu nach jedem einzelnen Spiel. Der Trainer der unterlegenen Mannschaft wählt zumeist den besten Angreifer, Zuspieler oder Aufschläger, also einen, der ihm das Leben über die gesamte Partie schwer gemacht hat. Am Sonntagabend aber zeigte Dürens Trainer Stefan Falter, dass wertvoll nichts mit statistischen Werten zu tun haben muss, denn zum MVP der entscheidenden Viertelfinalpartie bestimmte er Berlins zweiten Zuspieler Sebastian Kühner.
Das Besondere daran war, dass Kühner von insgesamt gespielten 139 Punkten an diesem Tag nur bei 13 auf dem Feld stand: elf im zweiten Satz und sogar nur zwei im dritten. Dass der Kapitän der BR Volleys aber für den 3:0-Sieg seiner Mannschaft und dem damit verbundenen Halbfinaleinzug entscheidend war, hatte jeder in der Max-Schmeling-Halle nachvollziehen können.
Die Berliner hatten Spiel eins gegen die erfahrenen, spielstarken und somit unbequemen Dürener 3:0 gewonnen, die zweite Partie auswärts aber trotz 2:1-Führung noch mit 2:3 verloren. Ein Entscheidungsspiel in Berlin musste her, und da bekam der Titelverteidiger aus Berlin in Satz zwei erneut Probleme. »Wenn Düren mal ins Rollen kommt, sind sie sehr stark. Das wussten wir«, sagte Kühner, der von Berlins Trainer beim Rückstand von 14:17 aufs Feld geschickt worden war. Dafür musste kein Geringerer als Olympiasieger Sergej Grankin runter. Ein riskanter Wechsel, doch Cedric Enard wollte zwei Dinge ändern: »Sebastian kann höher blocken, und er bringt mehr Energie aufs Feld. Genau die brauchten wir in diesem Augenblick.«
Kühner zeigte sofort, wie wertvoll er sein kann. Kalt von der Bank kommend schlug er der bis dahin sicheren Abwehr Dürens ein Ass um die Ohren. Die Halle wurde wieder lauter, und die Berliner schöpften neue Hoffnung. Fast jeder Pass von Kühner wurde von den Kollegen zum Punkt verwandelt, und die BR Volleys drehten den Satz tatsächlich noch zum 27:25. Im folgenden dritten Durchgang - in dem Kühner wieder auf der Bank Platz nehmen musste - brach Düren dann komplett ein. Zum Matchball wechselte Berlins Trainer seinen Kapitän aber doch noch mal ein. »Er hatte es verdient. Er hat uns die Wende gebracht«, lobte Enard. Sein Gegenüber Stefan Falter sah es offenbar genauso und wählte Kühner zum MVP.
»Das war doch ziemlich effizient«, bilanzierte Kühner verschmitzt seine recht kurze Tagesleistung. All das Lob tat ihm offensichtlich gut. Zuvor war die Saison nicht so gut verlaufen. Im Herbst hatte der 32-jährige Berliner nach dem Abgang von Pierre Pujol noch gehofft, endlich wieder regelmäßig in der Startformation zu stehen. Doch selbst gegen den nur selten überzeugenden Jan Zimmermann konnte sich Kühner auf der Position des Spielgestalters nicht durchsetzen. Also wurde im Januar Sergej Grankin verpflichtet, Zimmermann suchte sich in Belgien einen neuen Klub, und Kühner kommt seitdem nur noch zu Kurzeinsätzen.
Doch Berlins Kapitän kennt die Rolle aus den vergangenen Jahren beim Serienmeister schon. »Ich habe gelernt, dass es vor allem in den Playoffs auf jeden einzelnen ankommen kann, auch wenn er manchmal vielleicht nur eine gute Aktion hat. Es ist nicht immer einfach, wenn man mal fünf Spiele gar nicht mitmachen darf. Aber wir haben verstanden, worauf es ankommt«, sagte Kühner, der dabei auch Kollegen wie den US-Amerikaner Kyle Russell einbezieht. Der kommt mittlerweile auch fast immer nur noch von der Bank, wenn die erste Sechs Probleme hat. »Wir haben die beste Mannschaft der Liga, und das muss auch in den nächsten Runden unsere Qualität sein«, umschrieb Kühner den besonders breiten Kader der Berliner.
Von den vergangenen zwölf Partien haben die Volleys elf gewonnen, darunter auch eins gegen Halbfinalgegner Tirol Alpenvolleys, der seine Heimspiele mal in Unterhaching, mal in Innsbruck austrägt. Obwohl das deutsch-österreichische Mischprodukt nach der Hauptrunde auf Rang zwei vor den Berlinern lag und daher in einem eventuell entscheidenden Spiel fünf Heimvorteil genießt, sind die Berliner überzeugt, in den Playoffs besser zu sein. »Wir haben das Vertrauen in uns, wir haben die Qualität und wissen jetzt auch, wie wir sie auf den Platz bekommen. Seit Januar sind wir die stärkste Mannschaft. Wir müssen das nur zeigen«, zeigte sich Kühner siegessicher.
Spiel eins wird bereits an diesem Mittwoch in der Olympiahalle Innsbruck ausgetragen, und Kühner meint sogar, dass der nächste Gegner seiner Mannschaft besser liegt als der letzte. »Innsbruck hat sehr athletische Angreifer, die spielen ähnlich wie wir. Düren war taktischer, spielstärker. Das bereitet uns oft mehr Schmerzen, als Teams, die nur hart draufhauen.«
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