Europas Rechte sortiert sich

Vertreter völkisch-nationalistischer Parteien wollen nach Europawahl neue Parlamentsfraktion aufbauen

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Italiens Innenminister Matteo Salvini weiß, wie sich ein Termin mit Symbolik aufladen lässt: Als der Lega-Chef am Montag in Mailand den Plan für eine neue Fraktion aus rechtspopulistischen und extrem rechten Parteien im EU-Parlament vorstellt, haben neben ihm drei weitere Männer Platz genommen. Flankiert wird Salvini von AfD-Chef Jörg Meuthen, Olli Kotro, Vorsitzender der Partei »Die Finnen«, und Anders Vistisen, Chef der dänischen »Dansk Folkeparti«. Der Clou: Bisher gehören die genannten Parteien im Europarlament drei unterschiedlichen Fraktionen an. Das soll sich nach der Europawahl ändern. Salvini will die bisher im Parlament gespaltene Rechte einen. Einen Namen hat die künftige Fraktion bereits. Sie soll »Europäische Allianz der Menschen und Nationen« (EAPN) heißen, so Meuthen.

Geht Salvinis Plan auf, sollen der neuen Fraktion ein Dutzend europäische Rechtsaußenparteien angehören, darunter politische Schwergewichte wie die französische Rassemblement National von Marine Le Pen und die in Österreich an der Regierung beteiligte FPÖ, mit denen die Lega jetzt schon in der Fraktion »Europa der Nationen und der Freiheit« zusammenarbeitet.

Noch fehlt aber offenbar so manche feste Zusage. In Mailand ließ sich weder ein Vertreter der FPÖ noch einer aus Frankreich blicken. Dass das nicht unbedingt etwas bedeutet, zeigte ein Treffen Salvinis mit Le Pen am vergangenen Freitag, bei dem es auch um Absprachen im anlaufenden Europa-Wahlkampf ging. Am Montag blieb der Lega-Chef jedoch vage. So kündigte Salvini für den 18. Mai eine zweite Veranstaltung mit weiteren neuen Verbündeten an. Meuthen erklärte, dass der Termin in Mailand als »Startschuss für etwas Neues« zu verstehen sei. Gelingen soll dies mit altbekannten Forderungen der extremen Rechten. Im Wahlkampf soll der Fokus auf der europäischen Migrationspolitik liegen. Man wolle die »illegale Migration in die EU hinein auf null reduzieren«, so Meuthen.

Erzählung einer rechten Bewegung
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Noch offen ist, wer eine führende Rolle in dem neuen rechten Bündnis einnimmt. Meuthen wirbt schon seit Längerem für das Projekt einer geeinten europäischen Rechten, zuletzt beim offiziellen Europa-Wahlkampfauftakt seiner Partei am Wochenende in Offenburg. Doch ob die AfD einen Führungsanspruch erheben kann, ist fraglich. Umfragen prognostizieren der Partei zur Europawahl rund elf Prozent, was deutlich unterhalb des selbstgesteckten Ziels von bis zu 20 Prozent und früherer Erhebungen liegt. Dennoch gilt es als wahrscheinlich, dass Meuthen in einer neuen Fraktion eine wichtige Rolle übernehmen will.

Zum Vergleich: Die Lega kann laut aktuellen Befragungen mit bis zu 30 Prozent rechnen. Italiens Innenminister Salvini winkte am Montag ab. Er habe kein Interesse an einer möglichen Spitzenkandidatur zur Europawahl. Der 46-Jährige gehörte dem EU-Parlament bereits fast 14 Jahre an, ehe er vergangenes Jahr ausschied.

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