Rechtliche Regeln: teilen, leihen, besitzen

Fragen & Antworten zu »Sharing Economy«

  • Michaela Rassat, D.A.S.-Juristin, und Dieter Sprott, Experte der ERGO
  • Lesedauer: 4 Min.

Das Tauschen und Teilen von Gütern ist seit jeher Bestandteil der menschlichen Kultur. Die »Sharing Economy« hat dem Thema neue Popularität verliehen. Nach einer Studie nutzten 2017 rund 39 Prozent der Deutschen entsprechende Angebote. Und das Interesse wächst weiter - insbesondere bei der jüngeren Generation.

Welche Formen des Teilens gibt es?

Längst haben auch große Unternehmen das Motto »Teilen statt besitzen« für sich entdeckt. Doch neben bekannten Vertretern der Sharing Economy wie der Übernachtungsplattform Airbnb existieren noch weitere kommerzielle Anbieter sowie private Initiativen.

Zu den Sharing-Plattformen mit gemeinnützigem Charakter zählt unter anderem Foodsharing. Über diesen Anbieter können Verbraucher und Unternehmen überschüssige Lebensmittel an soziale Einrichtungen oder Privatpersonen verschenken.

Auch die Plattform Kleiderkreisel für Secondhandmode wirbt mit sozialen Aspekten wie dem Eintritt in eine gleichgesinnte Community und nachhaltigem Konsum. Genau wie Airbnb gehört Kleiderkreisel zu den dezentralen Plattformen. Diese treten lediglich als Vermittler zwischen Anbieter und Nutzer auf und können hierfür geringe Gebühren verlangen.

Bei zentralen Plattformen sind es Unternehmen, die ein Produkt oder eine Dienstleistung bereitstellen. Drivenow oder Car2go sind Beispiele für dieses Sharing-Modell. Hybride Plattformen wie Uber vereinen beide Formen, indem sie die Preise und die Rahmenbedingungen für Leistungen von Privatpersonen festlegen.

Wie sehen die rechtlichen Grundlagen aus?

Beim Tauschen und Schenken ist die Rechtslage eindeutig: Haben sich beide Parteien geeinigt und die Ware hat den Besitzer gewechselt, bestehen keine gegenseitigen Ansprüche mehr. Anders ist es beim Leihen oder Mieten. Rechtlich betrachtet sind das unterschiedliche Vertragsverhältnisse. Der Hauptunterschied liegt darin, dass die Leihe unentgeltlich ist. Bietet jemand beispielsweise Cargo-Bikes gegen eine Gebühr an, so handelt es sich für gewöhnlich um ein Mietverhältnis. Im Leihverhältnis muss der Entleiher lediglich die Kosten zahlen, die für die Erhaltung des Ausleihgegenstandes notwendig sind. Die Kosten für die Anschaffung dürfen Verleiher dem Entleiher nicht berechnen.

Darüber hinaus gibt es weitere Unterschiede. Wer etwas verleiht, ist im Gegensatz zum Vermieter nicht für die Instandhaltung verantwortlich. Er kann den entliehenen Gegenstand zurückfordern, sobald der Entleiher Gelegenheit gehabt hat, diesen zu nutzen - oder nach Ablauf einer vereinbarten Frist.

Der Entleiher darf den geliehenen Gegenstand nicht an eine weitere Person weiterverleihen. Auch wenn eine Leihe unentgeltlich ist, handelt es sich um ein gesetzlich geregeltes Vertragsverhältnis, bei dem sich zwei Vertragspartner rechtlich binden. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn sich ein Gartenbesitzer über ein Sharing-Portal unentgeltlich von einem Fremden den Rasenmäher ausleiht. Leiht sich ein Nachbar vom anderen einen Rasenmäher, handelt es sich in aller Regel nicht um ein Vertragsverhältnis, sondern um eine reine Gefälligkeit.

Verlangen die Eigentümer von Gegenständen in einem Sharing-Portal kein Geld, kommt ein Leihvertrag zustande. Sobald der Verleiher auch nur eine kleine Gebühr fordert, die nichts mit nachvollziehbaren Erhaltungskosten zu tun hat, ist in der Regel von einem Mietvertrag über einen beweglichen Gegenstand auszugehen. Dies hat unter anderem auch Folgen für die Haftung.

Was ist bei der Haftung bei Schäden zu beachten?

Vor allem nicht kommerzielle Sharing-Modelle bergen bei Haftungsfragen im Schadenfall sowie bei Qualitäts- und Sicherheitsmängeln leider einige rechtliche Grauzonen. So haftet das Sharing-Portal selbst meist für nichts, denn es tritt nur als Vermittler auf. Manche Portale haben eigene Absicherungssysteme entwickelt, bei denen Verbraucher genau hinschauen sollten. Hier lohnt sich ein Blick in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB).

In manchen Fällen ist unklar, ob ein Leih- oder Mietverhältnis zugrunde liegt.

Generell gilt: Wer Gegenstände leiht oder mietet, muss bei selbst verschuldeten Schäden oder bei Verlust dem Eigentümer den Schaden aus eigener Tasche ersetzen. Denn er haftet gegenüber dem Eigentümer. Die Privat-Haftpflichtversicherungen decken dieses Risiko in der Regel jedoch nicht ab.

Für Abnutzungserscheinungen, die beim vertragsmäßigen Gebrauch der Sache entstanden sind, muss der Entleiher oder Mieter hingegen nicht aufkommen (§ 602 und § 538 Bürgerliches Gesetzbuch). Auch der Verleiher ist haftbar - allerdings nur, wenn er den Schaden aus Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit verursacht hat. Dies gilt auch für Folgeschäden beim Entleiher, zum Beispiel, wenn der Verleiher ein offensichtlich defektes elektrisches Gerät verleiht und sich der Entleiher daran einen Stromschlag holt.

Bei einer Vermietung ist die Haftung des Vermieters umfangreicher: Hier reicht neben dem Vorsatz bereits leichte Fahrlässigkeit - beispielsweise wenn der Vermieter eines Airbnb-Zimmers sein Gebäude nicht regelmäßig wartet, so dass Wasser durch das Dach tropft und das Gepäck des Mieters durchnässt. Lagen die Sachmängel bereits bei der Übergabe vor, ohne dass der Mieter diese erkennen konnte, oder treten sie während der Mietdauer auf, dann hat der Mieter sogar ein Recht auf Mietminderung.

Tipp: AGB sowie Miet- und Leihvertrag genau lesen

In einigen Fällen können jedoch Vermieter ihre gesetzliche Haftung durch vertragliche Vereinbarungen ausschließen. Daher der Rat: Sowohl die AGB des Portals als auch einen möglichen Miet- oder Leihvertrag mit dem direkten Vertragspartner genau lesen.

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