600.000 müssten gegen Masern nachgeimpft werden

In Kitas und Schulen finden sich rund 361.000 nichtgeimpfte Kinder / Ärztepräsident Montgomery befürwortet Pläne

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Mit der geplanten Pflicht zur Masern-Impfung für Kinder und bestimmte Berufsgruppen müssten sich nach einem Medienbericht rund 600.000 Menschen nachträglich impfen lassen. Das hätten Schätzungen des Gesundheitsministeriums ergeben, berichtete die »Bild«-Zeitung. Demnach befinden sich in Kitas und Schulen derzeit rund 361.000 nichtgeimpfte Kinder. In solchen Gemeinschaftseinrichtungen sowie in Krankenhäusern und Arztpraxen seien zudem schätzungsweise 220 000 Angestellte zur Impfung gezwungen.

Lesen Sie zum Thema auch den Kommentar zum Thema von Ulrike Henning: »Martialischer Spahn-Plan«.

Gesundheitsminister Jens Spahn verteidigte sein Vorhaben. Es sei eine Frage des allgemeinen Gesundheitsschutzes, erklärte der CDU-Politiker am Sonntagabend in den ARD-»Tagesthemen«. Trotz intensiverer Aufklärung seien die nötigen Impfquoten bisher nicht erreicht worden. Er wies auch den Vorwurf zurück, dass sein Gesetzentwurf Erwachsene ignoriere, die nicht ausreichend geimpfte seien. Spahn setzt nach eigenen Worten darauf, dass die Debatte das Bewusstsein schärfe. »Gleichzeitig regeln wir, dass Erzieherinnen, Lehrerinnen und Lehrer, aber auch Personal in Krankenhäusern, in öffentlichen Gemeinschaftseinrichtungen, geimpft werden müssen.«

Spahn will verpflichtende Masern-Impfungen für Kita- und Schulkinder mit Geldstrafen bis 2500 Euro und einem Ausschluss vom Kita-Besuch durchsetzen. Die Impfpflicht soll ab 1. März 2020 gelten, wie aus dem Gesetzentwurf hervorgeht. Der Koalitionspartner SPD unterstützt die Pläne.

Um die Zirkulation von Masern zu verhindern, seien Impfraten von mehr als 95 Prozent erforderlich, heißt es im Gesetzentwurf. »Diese werden in Deutschland nicht erreicht.« Die angestiegenen Fallzahlen seien auf »fortschreitende Impfmüdigkeit« zurückzuführen. Unter anderem in Bayern, Berlin, Hessen und Nordrhein-Westfalen sei es in den vergangenen Jahren zu großen Ausbrüchen gekommen. Allein bis Anfang März 2019 seien dem Robert-Koch-Institut 170 Masernfälle gemeldet worden.

Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery befürwortet Spahns Pläne. Er hält Strafen für Verstöße generell für gerechtfertigt, kann sich aber Ausnahmen vorstellen. Der Präsident der Bundesärztekammer gab jedoch zu bedenken: »Eine Impfpflicht lässt sich leicht verlangen, aber ist schwer umzusetzen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man Kinder mit der Polizei zum Impfen schleppt.« Deshalb müsse man versuchen, mit Vernunft auf die Menschen einzuwirken - das bedeute vor allem mit Aufklärung. Er fügte hinzu: »Sie werden darüber hinaus aber auch an einigen Strafen nicht vorbeikommen.«

Die Grünen lehnen indes die geplante Masern-Impfpflicht ab. »Spahn sollte auf Überzeugung und niedrigschwellige Angebote setzen, statt auf Zwang«, erklärte die zuständige Grünen-Bundestagsabgeordnete Kordula Schulz-Asche dem »Tagesspiegel«. Zwang könne sich negativ auf das Impfverhalten auswirken. »Damit wäre dann niemandem geholfen.« dpa/nd

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