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Rot-Rot-Grün will Lärm deckeln
Stadtentwicklungsausschuss diskutiert am Mittwoch die Überbauung von Verkehrswegen
Weniger Tageslicht für Auto- und Bahnfahrer, weniger Lärm und Schadstoffe für die Anwohner, mehr Flächen für eine lebenswerte Stadt. Das wäre die Folge, wenn Abschnitte des Berliner Stadtrings A100 und der Ringbahn in den kommenden Jahren tatsächlich überdeckelt werden würden. Am Mittwoch soll mit einem gemeinsamen Antrag der Koalitionsfraktionen von SPD, LINKE und Grünen die Prüfung der Überbauung von Verkehrswegen parlamentarisch angeschoben werden.
Erstes Pilotprojekt soll laut Antrag eine Masterplanung für den Charlottenburger Abschnitt der A100 rund um das Dreieck Funkturm sein. In den nächsten Jahren müssen sowohl das Autobahndreieck als auch die nördlich des Teilstücks gelegene Rudolf-Wissell-Brücke komplett erneuert werden. Vor der Festlegung einer Vorzugsvariante soll die Deckelung geprüft werden. »Mit dieser sollen die Autobahnplanungen der 50er Jahre im Rahmen der ohnehin erforderlichen Neu- und Ersatzbaumaßnahmen für die dazwischen liegenden Autobahnabschnitte mit dem Ziel einer zukunftsorientierten und stadtverträglichen Neuplanung des gesamten Autobahnteilstücks überwunden werden«, heißt es in dem Antrag. Besonders die SPD trommelt seit längerem für diese Forderung.
Die Grünen-Fraktion besichtigte bei ihrer Klausur im August 2018 in Hamburg den damals im Bau befindlichen Tunnel der A7 im Stadtteil Stellingen, der vor wenigen Wochen fertiggestellt wurde. Insgesamt fast vier Kilometer der Autobahn sollen auf Hamburger Stadtgebiet in drei Abschnitten gedeckelt werden. Allein die Stadt und der Bund müssen an die 600 Millionen Euro dafür aufwenden. Über der Autobahn entstehen Grünflächen, daneben sollen auf dann lärmbefreiten öffentlichen Flächen 2000 Wohnungen errichtet werden. Die Grünen fordern auch für Berlin solche Lösungen.
Der Koalitionsantrag sieht auch eine Prüfung einer Überbauung für die Ringbahn zwischen Schönhauser und Prenzlauer Allee vor. Außerdem wird der Senat aufgefordert für den derzeit im Bau befindlichen 16. Bauabschnitt der A100 vom Dreieck Neukölln bis zur Anschlussstelle Treptower Park »eine Deckellösung zu realisieren, um Flächengewinne für die wachsende Stadt, unter anderem durch Tunnelführung des 16. Bauabschnitts bis zur AS Treptow, zu erreichen und ein städtebauliches Konzept für die Gestaltung der so entstehenden oberirdischen gedeckelten Abschnitte zu ermöglichen«.
»Wir haben der SPD gesagt, dass wir uns nur für den Deckel in Charlottenburg einsetzen, wenn auch für Treptow so eine Lösung geprüft wird«, gab Katalin Gennburg, Stadtentwicklungsexpertin der Linksfraktion einen Einblick in koalitionsinterne Entscheidungsfindungen. Sie tat das am Donnerstagabend bei einer Veranstaltung der »Anwohner*inneninitiative A100 Treptow« im Figurentheater Grashüpfer im Treptower Park. Harald Moritz, Sprecher der Grünen-Fraktion für Verkehr, zeigte sich wegen der Finanzierung skeptisch. »In der ursprünglichen Autobahnplanung war ein Tunnel vorgesehen. Der Deckel kann nur realisiert werden, wenn der Bund mitspielt«, erklärte er, ohne seine Ablehnung des gesamten Autobahnbaus zu verhehlen. »Ein Elend« sei das gesamte Teilstück, sagte er. »Niemand wollte die Gegner hören.« Nach Eröffnung der 3,2 Kilometer langen und nach derzeitigem Stand 560 Millionen Euro teuren Autobahnverlängerung werden täglich Zehntausende Autos und Lastwagen zusätzlich den Bereich befahren. Ab 2022 oder 2023 könnte das der Fall sein.
Der geplante Autobahnbau sorgt seit Längerem für Unmut bei den Betroffenen. LINKE und Grüne auf Landesebene lehnen ihn ab. Die Landes-SPD ist gespalten, der damalige Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit setzte jedoch einen Beschluss dafür durch. Die Treptow-Köpenicker Bezirksfraktionen von SPD und CDU haben im April einen Antrag für den Weiterbau der A100 bis zur Storkower Straße im Tiefbauausschuss beschlossen, der Mitte Mai in der Bezirksverordnetenversammlung beraten werden soll. Die Bezirkslinke liebäugelt mit einer Zustimmung. »Ich vertrete eindeutig die Auffassung, dass mehr Straßen das Problem nicht lösen, sondern vergrößern«, äußerte Gennburg. Sie kritisierte auch ihre eigene Partei im Bezirk für ihre Haltung in der Frage und den Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD). Es würde mit dem Lärmschutz »anders aussehen«, wenn Igel sich offiziell dafür einsetzen würde, sagte sie.
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