- Kommentare
- Verfassungsschutzreform
Jenseits der Kernaufgaben
Martin Kröger wartet auf die Reform des Verfassungsschutzes
Der Verfassungsschutz ist in Berlin extrem aktiv. Er beobachtet Dschihadisten genauso wie rechtsextreme Neonazis und Reichsbürger. Aber auch ehemalige Hausbesetzer werden offenbar mit nachrichtendienstlichen Mitteln überwacht, Mitglieder der linken Solidaritätsorganisation Rote Hilfe ebenso. Dem linksradikalen Hausprojekt »Rigaer 94« widmet das neue Extremismus-Wimmelbuch, also der Verfassungsschutzbericht 2018, gar fünf Seiten. Zur Erinnerung: Aufgabe des Verfassungsschutzes ist es, Gefahren für die freiheitlich demokratische Grundordnung zu identifizieren und davor zu warnen. Dass ein linksradikales Hausprojekt den Staat und das Grundgesetz infrage stellen soll, ist indes mehr als zu bezweifeln.
Der Berliner Verfassungsschutz bedürfte einer grundlegenden Revision seiner Aufgaben. Rot-Rot-Grün hatte auch versprochen, den Nachrichtendienst nach den zahlreichen Skandalen der Vergangenheit zu reformieren. »Die Aufgaben werden auf den Kernbereich beschränkt«, heißt es im Koalitionsvertrag. Die Kriterien für die Arbeit sollten eng gefasst und streng überwacht werden.
Von diesen Plänen ist in der Realität kaum etwas zu bemerken. Der Nachrichtendienst priorisiert nach eigener Angabe zwar seine Tätigkeiten und richtigerweise legt er einen Schwerpunkt auf die Gefahren der islamistischen Terrorbedrohung. Aber personell und finanziell spiegelt sich die Reduktion auf dieses Kerngeschäft nicht wider. Stattdessen soll der Nachrichtendienst, geht es nach der SPD, demnächst weiter aufgestockt werden. Von einer wirklichen Verfassungsschutzreform ist Berlin extrem entfernt.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.