Sicherer Hafen für 47 aus Seenot gerettete Menschen gesucht

Sea-Watch kritisiert: Italien nimmt nur 18 von 65 Menschen auf / An Bord verbliebene Geflüchtete sind nicht mehr sicher

  • Lesedauer: 3 Min.

Rom. Zwei Tage nach der Rettung von 65 Bootsflüchtlingen durch die deutsche Hilfsorganisation Sea-Watch hat Italien diesen die Erlaubnis erteilt, an Land zu gehen. »Die italienischen Behörden haben ihre Bereitschaft erklärt, die Familien, die an Bord waren, an Land gehen zu lassen: Kinder, Mütter und Väter«, teilte Sea-Watch am Freitag im Kurzbotschaftendienst Twitter mit. Weitere 47 Menschen müssen jedoch an Bord des Rettungsschiffes verharren. Für sie wird noch immer ein sicherer Hafen gesucht.

Das italienische Innenministerium erklärte, sieben Kinder, sieben Mütter, drei Väter sowie ein verletzter Mann seien auf der Insel Lampedusa an Land gegangen. Das zivile Rettungsschiff »Sea-Watch 3« hatte die insgesamt 65 Migranten am 15. Mai vor der Küste Libyens aus Seenot gerettet. Die Besatzung erklärte, viele der geretteten Menschen litten unter Erschöpfung, Dehydrierung und Seekrankheit. Außerdem benötigten einige der Geretteten psychologische Betreuung. Am Samstag wurde dann die Anladung von 18 Menschen in Italien durchgeführt.

Italien nimmt nur einen Teil der Menschen auf

Die nicht zu den Familien gehörenden Menschen mussten an Bord zurückbleiben, unter ihnen acht unbegleitete Minderjährige, eine schwangere Frau und eine Person mit Behinderung. Nach dieser inakzeptablen, diskriminierenden Trennung wurde die medizinische und psychologische Situation an Bord des Schiffes untragbar und die Besatzung konnte die Sicherheit der geretteten Personen nicht mehr gewährleisten, kritisiert »Sea Watch«.

»Es ist eine so unverfrorene Heuchelei, dass Italien angesichts der bevorstehenden EU-Wahlen hastig Familien mit kleinen Kindern von der Sea-Watch 3 evakuiert, während 47 weitere Menschen, die die gleichen Rechte genießen und eine schnelle Lösung ebenso verdienen, an Bord gelassen werden«, sagt Philipp Hahn, Einsatzleiter der Sea-Watch 3. »Menschenrechte gelten für alle und dürfen nicht für politische Spiele außer Kraft gesetzt werden.«

Am Tag nach der Anlandung der Familien habe sich die ohnehin heikle Situation an Bord noch weiter verschlechtert, sodass Kapitän und Besatzung der »Sea-Watch 3« nicht mehr für den Schutz der Geretteten garantieren konnten, wie die Hilfsorganisation berichtet.

Rechtsradikale Lega macht Stimmung gegen Seenotrettung

Italiens Innenminister Matteo Salvini von der rechtsradikalen Lega hatte die »Sea-Watch 3« noch vor der Anlandung davor gewarnt, sich italienischem Hoheitsgewässern zu nähern. »Unsere Häfen sind und bleiben geschlossen«, bekräftige er. Salvini verbietet seit seinem Amtsantritt vor einem Jahr privaten Hilfsorganisationen, mit ihren Schiffen in Italien anzulegen. Der Zustand der geretteten Migranten bewog die italienischen Behörden dann aber offenbar teilweise zum Einlenken.

Im Januar musste die »Sea-Watch 3« bereits zwölf Tage lang mit 47 Flüchtlingen an Bord auf dem Mittelmeer bleiben, weil Salvini ihnen die Anlandung verweigerte. Erst nachdem sich andere europäische Länder zur Aufnahme der Flüchtlinge bereit erklärt hatten, durften die Migranten in Sizilien an Land gehen.

Die EU hat die Rettung von Geflüchteten im Mittelmeer vorerst eingestellt. Immer wieder ertrinken Migranten im Mittelmeer beim Untergang ihrer oft nicht seetüchtigen Boote, die meisten beim Versuch der Überfahrt von Libyen in die EU. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR spricht deshalb von »der tödlichsten Meeresüberquerung der Welt«. AFP/nd

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