Hitlergruß und Angriff auf Journalisten bei Faschistentreffen in Österreich

10.000 Menschen nehmen am jährlichen Treffen kroatischer Rechtsextremisten in Bleiburg teil

  • Krsto Lazarević, Bleiburg
  • Lesedauer: 5 Min.

Der Himmel ist grau, die Stimmung schlecht und viele Autokennzeichen deutsch. Als sich am Samstag auf einem Feld im österreichischen Kärnten rund 10.000 Personen versammeln, um der kroatischen Nazikollaborateure der Ustascha zu gedenken, kommen sie aus ganz Europa ins idyllische Tal.

Der kroatische Faschistengruß »Za dom spremni« (Für die Heimat bereit), das Pendant zum deutschen »Sieg Heil«, wird dabei gut versteckt. Ein Teilnehmer hat ihn unauffällig auf seine Turnschuhe genäht. Ein Teil seiner Hose verdeckt den Satz, doch der Gruß ist zu sehen, sobald er seine Füße in Bewegung setzt.

Auf der Bühne im Kärntner Nirgendwo spricht der Bischof des kroatischen Bistums Krk und kritisiert diejenigen, die »Jahrzehnte versucht haben unsere Erinnerung auszulöschen.« Gemeint ist das sozialistische Jugoslawien – das große Feindbild der Teilnehmer.

Vertreter der katholischen Kirche Kroatiens haben kein Problem damit, bei dem Faschistengedenken zu sprechen. In den vergangenen Jahren stand die Veranstaltung sogar unter Schirmherrschaft der Kirche. In diesem Jahr entzog die zuständige Diözese Gurk-Klagenfurt den Veranstaltern den Segen, weil sie »Distanz zu faschistischem Gedankengut vermissen lasse.« Damit handelt es sich in Bleiburg dieses Jahr um eine politische Demonstration.

In Bleiburg geht es um den Mai 1945, kurz nach der Kapitulation Nazideutschlands, als die mit den Nazis verbündete kroatische Ustascha-Armee aus dem ehemaligen Jugoslawien nach Kärnten in die britische Besatzungszone flüchtete. Die Kollaborateure wurden damals den jugoslawischen Partisanen ausgeliefert, woraufhin rund 45.000 Menschen, nach Schätzungen des kroatischen Historikers Slavko Goldstein, von Titos Partisanen getötet wurden. Diese Massaker bilden die Grundlage für den Bleiburger Opfermythos. Dort treffen sich seit den 1950er Jahren jedes Jahr Menschen, um der Faschisten zu gedenken.

Die zuständige Bezirkshauptmannschaft (BH) Völkermarkt gab beim Verfassungsrechtler Heinz Mayer ein Gutachten in Auftrag, das klären sollte, ob die alljährliche Versammlung in Bleiburg untersagt werden müsse. Der Gutachter kommt dabei zu einem eindeutigen Ergebnis. Wenn die Veranstaltung nicht verboten werde, sei »mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass es neuerlich zu Vorfällen kommt, die nationalsozialistische Gedankengänge beleben«. Darüber hinaus bestehe eine »konkrete Gefahr für das öffentliche Wohl.«

Die BH Völkermarkt setzte sich allerdings über das von ihr in Auftrag gegebene Gutachten hinweg und entschied trotzdem im Sinne der kroatischen Veranstalter. Es stellt sich die Frage, warum der Bezirkshauptmann Gert-Andre Klösch ein verfassungsrechtliches Gutachten in Auftrag gibt, an welches er sich dann nicht hält. Persönlich darauf angesprochen, sagt er gegenüber »nd« nur: »Ob ich ein Gutachten beachte oder nicht, überlassen sie mir bitte.«

Veröffentlicht wurde das verfassungsrechtliche Gutachten nicht von der zuständigen BH Völkermarkt, sondern vom Nationalratsabgeordneten Peter Pilz (Liste Jetzt), der die Schuld beim österreichischen Innenminister Herbert Kickl sieht, weil er die Veranstaltung nicht verbieten wolle. Pilz mutmaßt, Kickl habe den Behörden in Völkermarkt den Auftrag erteilt, den rechtsextremen Aufmarsch stattfinden zu lassen. Nach der Veröffentlichung des sogenannten Ibiza-Videos, dürfte die Führungsriege der FPÖ nun aber mit anderen Fragen beschäftigt sein.

Faschistische Symbolik war auch in diesem Jahr wieder präsent in Bleiburg, allerdings deutlich weniger als in den vorangegangenen Jahren. Das liegt nicht am plötzlichen Sinneswandel der Besucher, sondern daran, dass innerhalb der rechten Szene Kroatiens und in kroatischen Medien im Vorfeld gewarnt wurde, man hätte in diesem Jahr mit hohen Geldstrafen zu rechnen, wenn man sich nicht an die Auflagen halte. Ein Nutzer auf Facebook kommentierte: »Ich würde meine Abzeichen gerne mitnehmen, aber ich kann mir die 4000 Euro Strafe nicht leisten.«

Viele Besucher empfanden das Verbot von faschistischen Symbolen, auf einer Veranstaltung an dem ermordeten Faschisten gedacht wird, als erniedrigend. Zahlreiche Teilnehmer spielen allerdings mit Doppeldeutigkeiten, die auf ihre Gesinnung hinweisen. Ein Teilnehmer wurde festgenommen, weil er die Hand zum Hitlergruß hob. Es kam darüber hinaus zum Angriff auf den Reporter der »Frankfurter Rundschau«, Danijel Majić. Laut »FR« wurde der Journalist von einem bekannten rechtsextremen kroatischen Fernsehmoderator erkannt und daraufhin zweimal von ihm bespuckt, »woraufhin zahlreiche Teilnehmer der Gedenkveranstaltung begannen, ihn massiv zu beleidigen und nach ihm zu schlagen und zu treten. Durch das Eingreifen der österreichischen Polizei wurden schwere körperliche Übergriffe verhindert. Der FR-Redakteur trug keine Verletzungen davon.«

Der rechtsextreme Moderator Velimir Bujanec ist in Kroatien nicht nur für seine regelmäßigen Wutausbrüche bekannt, sondern auch dafür, dass er verurteilt wurde, weil er versuchte, eine Sexarbeiterin mit Kokain zu bezahlen.

Im Vorfeld des Faschistengedenkens in Bleiburg fanden zwei kleine Gegendemonstrationen mit je rund 100 Teilnehmern statt. An einen Traktor wurde ein Transparent mit den Worten »Tod dem Faschismus« gehängt. Auf einem anderen Transparent wird gefordert: »Tito komm zurück, deine Arbeit ist nicht getan.«

Aus Kroatien reisten Mitglieder der kroatischen linken Partei »Arbeiterfront« (Radnicka Front) an. Deren Spitzenkandidatin Katarina Peović sagt auf der Demonstration: »Es ist falsch von unschuldigen Opfern zu sprechen. Es handelt sich hier um Revisionismus.« Als der Traktor auf der Demonstration sich in Richtung des Ustaschagedenkens aufmacht, weht auf ihm die Flagge des untergegangenen Jugoslawiens.

Anmerkung: Der Autor Krsto Lazarević und der angegriffene Journalist Danijel Majić waren gemeinsam in Bleiburg. Sie betreiben zusammen einen Podcast namens »Neues vom BallaballaBalkan«, in dem die Hintergründe des Treffens und des Angriffs nochmal geschildert werden.

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