Menschenwürdiges Willkommen

Neues Ankunftszentrum für Asylsuchende in Wittenau beim Tag der offenen Tür vorgestellt

  • Marina Mai
  • Lesedauer: 3 Min.

Drei Holzbetten stehen in einem Zimmer. Auf jedem Bett liegen Bettwäsche und eine Tüte mit Seife, Zahnbürste und anderem Hygienebedarf. Über den Flur geht es zum Speisesaal und zu den Büros der Asylverfahrensberatung. Es gibt Impfmöglichkeiten. Ende April wurde das neue Ankunftszentrum für Asylsuchende auf dem Gelände der einstigen Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik in Wittenau eröffnet. Hier werden die Ankommenden - derzeit ist Platz für 130 Menschen - in den ersten drei bis fünf Tagen ihres Asylverfahrens registriert und medizinisch versorgt.

Am Freitagabend stellten Sozialsenatorin Elke Breitenbach (LINKE) und Reinickendorfs Sozialstadtrat Uwe Brockhausen (SPD) die Räume Anwohnern vor. Zwei Häuser auf dem Klinikgelände lösen die umstrittenen Flughafen-Hangars in Tempelhof ab. Die hatten Flüchtlingsinitiativen als unwürdig kritisiert. Es gab dort keine Privatsphäre, in kleinen Wohnzellen mussten zehn einander meist fremde Menschen miteinander auskommen. Im Winter froren die Bewohner. Hinzu kam, dass sich der Aufenthalt im Ankunftszentrum, der eigentlich nur wenige Tage dauern sollte, oft über Wochen oder Monate hinzog, da den Behörden Personal fehlte.

Im Dezember hatte der Senat angesichts der Proteste des Flüchtlingsrates auf der Suche nach Alternativen zunächst die alte Schmidt-Knobelsdorff-Kaserne in Spandau zum Ankunftszentrum umfunktioniert, ein Provisorium mit teils ähnlich prekären Bedingungen. Erst jetzt, in den ehemaligen Klinikgebäuden, stimmen die Wohnbedingungen für die 30 bis 50 Neuankömmlinge, die zumeist aus Syrien, dem Irak und Eritrea täglich neu nach Berlin kommen. Doch die Gebäude auf dem nicht mehr benötigten Klinikareal sollen abgerissen werden und großflächigem Wohnungsbau wichen. Das Ankunftszentrum soll nächsten Winter in einen Neubau ziehen. Unschön ist nur, dass sich in dessen Sichtweite der Maßregelvollzug befindet: Der Anblick des Baus, mit seinen hohen Stacheldrahtzäunen wie ein Gefängnis, ist für Menschen, die oft gerade dem Kerker entkommen sind, kaum zumutbar.

Zum Tag der offenen Tür sind rund 150 Wittenauer gekommen. Unter ihnen viele, die ihren Frust über die Zuwanderung von Geflüchteten im allgemeinen und über die neue Asylbewerberunterkunft in ihrer Nachbarschaft ausdrücken. »Wir wären gerne gefragt worden, bevor der Senat das hier beschlossen hatte«, wettert eine ältere Frau unter Beifall. Elke Breitenbach hält dagegen: »Über eins werde ich nicht reden: Ob wir Flüchtlingsunterkünfte bauen oder nicht. Wir bauen Flüchtlingsunterkünfte, um Menschen in Not unterzubringen.« Auch sie erhält dafür viel Beifall. Denn es sind auch Reinickendorfer gekommen, die helfen wollen. Eine Lehrerin fragt, wie sie geflüchtete Kinder in der Schule besser unterstützen könne. Ein Mann bedauert, dass er zu den Flüchtlingen in einem anderen Heim auf dem Klinikgelände keinen Kontakt aufnehmen könne, um sie in seinen Sportverein zu holen. »Da ist ein hoher Zaun drumrum, und man kommt gar nicht rein.« Über Zäune um Flüchtlingsunterkünfte ist auch Breitenbach nicht glücklich. »Aber das Landeskriminalamt sieht sich anders leider nicht in der Lage, Geflüchtete vor rassistischen Übergriffen auf ihr Leben zu schützen«, sagt sie.

Die Stimmung der Wittenauer gegenüber Flüchtlingen ist nicht mehr so feindselig wie noch 2013, als die ersten Heime öffneten. Damals dominierten in Bürgerversammlungen oft rassistische Töne. Anwohner protokollierten säuberlich »Belästigungen« - etwa, wenn Flüchtlingskinder auf benachbarten Spielplätzen spielten oder erwachsene Bewohner sie auf der Straße nach dem Weg fragten. Als in einer Flüchtlingsunterkunft Kinder an Windpocken erkrankten, wurde mit Flugblättern, die vor »Seuchengefahr« warnten, Stimmung gemacht. Der aus Reinickendorf stammende Abgeordnete Hakan Taş (LINKE) freut sich über das veränderte Klima. »Die Gruppe ›Reinickendorf hilft‹ leistet seit Jahren sehr gute Arbeit, auch in Sachen Akzeptanz der Bevölkerung. Auch die gute Informationspolitik von Land und Bezirk hat zu einem besseren Miteinander von alteingesessenen Reinickendorfern und Flüchtlingen beigetragen«, sagt er.

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