Wer wird Leuchtturmwärter?

Die Hansestadt Rostock wählt am Sonntag einen neuen Oberbürgermeister

Rostock ist ein Leuchtturm, ragt heraus und strahlt Erfolg aus - in einem Bundesland, dessen Image mitbestimmt wird von hinteren bis letzten Plätzen in gefühlt jedem Bundesländer-Ranking (oder vorderen, je nachdem, wo die schlechten Ergebnisse gelistet sind): Lohniveau, Lebenserwartung, Wirtschaft, Arbeitslosigkeit, Armutsgefährdungsquote, Anzahl der Raucher ... Mecklenburg-Vorpommern ist nicht gerade verwöhnt, was Erfolgsgeschichten angeht.

Rostock aber, wichtige Hafen- und beliebte Universitätsstadt, ist eine. Findet Steffen Bockhahn von der LINKEN. Und als Sozialsenator der Stadt ist er daran beteiligt. Dieses Pfund warf der 40 Jährige in den Oberbürgermeisterwahlkampf, holte im ersten Wahlgang mit 18,9 Prozent den zweiten Platz und hofft nun, sich am Sonntag in der Stichwahl gegen seinen Kontrahenten Claus Ruhe Madsen durchzusetzen, der mit 34,6 Prozent am 26. Mai das neunköpfige OB-Kandidatenfeld klar anführte.

Markenzeichen Vollbart

Madsen, parteilos, wird von CDU und FDP unterstützt, führt eine Möbelhauskette, war IHK-Präsident, ist Däne und wäre damit im Fall eines Sieges der erste Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt ohne deutschen Pass. Und vermutlich derjenige mit dem imposantesten Vollbart, zusammen mit der schwarzen Brille seine optischen und im Wahlkampf praktisch omnipräsent plakatierten Markenzeichen. »Rostock bewegen« möchte Madsen, alles besser machen als bisher. »In Rostock schlummert sehr viel Potenzial (...). Ich bin motiviert und bereit mit voller Hingabe die Möglichkeiten und Chancen gemeinsam mit der Bürgerschaft zu nutzen, die dieses Amt mit sich bringt«, wirbt der 46-Jährige auf seiner Wahlkampfhomepage.

Madsen rede Rostock zu schlecht, meint Bockhahn, der seit 2015 Senator für Jugend und Soziales, Gesundheit, Schule und Sport in seiner Heimatstadt ist. Dass es noch einiges zu tun gibt, ist Bockhahn quasi per Amt bewusst. Auch wenn Rostock im Vergleich zu weiten Teilen Mecklenburg-Vorpommerns gut dastehe, sei es doch etwa die Stadt mit der größten sozialen Spaltung im Nordosten, erklärt er. Oder bezahlbarer Wohnraum, der sei zwar in der wachsenden Stadt durchaus noch vorhanden, aber ungleich in der Stadt verteilt und kaum in den beliebten Vierteln zu bekommen, vor allem für junge Familien.

Es hat sich schon etwas bewegt

Doch betont Bockhahn auch, was bisher - im allgemeinen und seinem Fachbereich im besonderen - in Rostock schon bewegt wurde. Mecklenburg-Vorpommerns größte Stadt ist schuldenfrei, hat eine gute wirtschaftliche Entwicklung vorzuweisen, die Arbeitslosigkeit ist gesunken, man investiert Millionen in Schulen und Sportanlagen, hat ein kostenloses Schülerticket eingeführt.

Für die Wahl zum Nachfolger von Roland Methling (parteilos), 14 Jahre lang Rostocks Stadtoberhaupt und aus Altersgründen nicht mehr angetreten, erhält Bockhahn mittlerweile Unterstützung von der SPD, die laut »Ostseezeitung« in der Stadtpolitik »erhebliche Schnittmengen« mit der LINKEN sehe und die rot-rot-grüne Mehrheit in der Bürgerschaft betone. Im ersten Wahlgang war der Kandidat der Sozialdemokraten, Chris Müller-von Wrycz Rekowski, mit 13,2 Prozent auf dem dritten Platz gelandet. Die Grünen hingegen gaben keine Empfehlung ab. »Beide Bewerber liegen in ihren Aussagen und Zielen sehr nah beieinander. Wir glauben an eine mündige Entscheidung der Rostocker«, so Grünen-Kreischef Johann-Georg Jaeger. Grünen-Kandidat Uwe Flachsmeyer holte im Mai 10,2 Prozent der Stimmen.

In der ebenfalls am 26. Mai neu gewählten Bürgerschaft konnte die Linkspartei erneut - trotz Verlusten - stärkste Kraft werden und elf Sitze holen. Dicht gefolgt von den Grünen mit zehn Sitzen. Zusammen mit acht Abgeordneten der SPD kommt das linke Lager so auf eine komfortable Mehrheit in dem 53-köpfigen Stadtparlament.

Auch mit Bockhahn an der Stadtspitze gäbe es übrigens eine Premiere. Er wäre der erste LINKE-Oberbürgermeister einer Großstadt. Gewinnt er nicht, will er bis zum Ende seiner Amtszeit 2022 Sozialsenator bleiben.

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