Deutsche Wohnen wird nervös

Immobilienkonzern erklärt Selbstverpflichtung - LINKE und Grüne kritisieren Angebot

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Der börsenotierte Immobilienkonzern Deutsche Wohnen hat am Samstag eine Erklärung veröffentlicht und eine freiwillige Selbstverpflichtung angekündigt. Der Titel der Erklärung, die fünf Jahre gelten soll, lautet: »Unser Versprechen an unsere Mieter«. Demnach will der Konzern, dessen Börsenkurs in den vergangenen Wochen insbesondere durch die Ankündigung der Einführung eines Mietendeckels durch den rot-rot-grünen Senat ins Strudeln geraten ist, ab dem 1. Juli seine Mietenpolitik neu ausrichten.

»Wir werden zusätzlich die individuelle Leistungsfähigkeit, das heißt die Einkommenssituation, des Einzelnen berücksichtigen«, heißt es in der Erklärung. Soll heißen: Niemand der Mieter der Deutsche Wohnen soll angeblich mehr als 30 Prozent seines Nettoeinkommens für die Miete ausgeben. Weitere Kernpunkte der Regelung sind die Festlegung einer »freiwillige Härtefallregelung« bei Modernisierungsmaßnahmen und Mietererhöhungsverlangen bei Mietspiegelanpassungen. Außerdem soll bei Neuvermietungen jede vierte Wohnung an Mieter vergeben werden, die Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein haben.

Der Konzern versteht seine Offerte als »Beitrag zu der derzeitigen Situation über weitere Eingriffe in den Mietenmarkt, die - wie viele andere Eingriffe zuvor - das Ziel bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, verfehlen werden«. Der Vorstandschef des Konzerns schlug am Sonntag im Interview mit dem »Tagesspiegel« darüber hinaus dem Senat vor, einen »Berliner Wohngipfel« einzuberufen, um die »Wohnungsfrage« zu lösen.

Auch der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), in dem die Deutsche Wohnen Mitglied ist, sah eine »klare Botschaft« in der Selbstverpflichtung. Die Zusagen seien wegweisend und ein wichtiger Beitrag zum Erhalt des sozialen Friedens, hieß es seitens des BBU.

Von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) wurde der Vorstoß der Deutsche Wohnen ebenfalls als »wichtiges Signal« vor dem Hintergrund berechtigter Sorgen der Berlinerinnen und Berliner in der wohnungs- und mietenpolitischen Diskussion begrüßt. Die Deutsche Wohnen »verpflichtet sich zu sinnvollen und konkreten Maßnahmen für eine verantwortungsvollere Mietenpolitik«, sagte Müller am Samstag. Das sei nicht nur für Mieter mit niedrigeren Einkommen wichtig.

Scharf kritisiert wurde die Ankündigung des Immobilienunternehmens dagegen von der Linkspartei und den Grünen, die in Berlin beide mitregieren. »Das ist kein Mietendeckel, was die da gemacht haben, alles, was sie anbieten, ist eine Härtefallregelung bei Modernisierungen und Mieterhöhungen«, sagte der Vorsitzende der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Udo Wolf, dem »nd«. Außerdem sei in der Erklärung eine »Ermächtigung« versteckt, um alle Mitglieder - Vater, Mutter, Kind - eines Haushaltes zu verpflichten, 30 Prozent ihres Einkommens für den Mietzins aufzuwenden. »Das ist möglicherweise für einzelne Mieter ein akzeptables Angebot, aber das ist keine Sache, die den Mietendeckel überflüssig macht«, erklärte der Linksfraktionschef. Aus Sicht der Linkspartei seien 30 Prozent des Nettoeinkommens für die Miete zudem ein sehr hoher Wert und »absolut die Höchstgrenze«. Wolf: »Man merkt, die Deutsche Wohnen ist deutlich nervös, seit sie wegen ihrer Geschäftspolitik im Fokus steht.«

Auch die Grünen glauben, dass die »freiwillige Selbstverpflichtung« in vielen Fällen mit realen Mietsteigerungen verbunden sein dürfte. »Die Deutsche Wohnen versucht offenbar, ihre Anleger und die Börse zu beruhigen, indem sie notgedrungen eigene Vorschläge zur Wohnungspolitik unterbreitet«, sagte die Mietenexpertin der Grünenfraktion, Katrin Schmidberger. Dabei handele es sich »um ein vergiftetes Angebot«, denn die Deutsche Wohnen wolle damit zuvorderst die Einführung eines Mietendeckels für alle Berlinerinnen und Berliner torpedieren. »Unterm Strich handelt es sich bei dem Vorstoß der Deutsche Wohnen um ein durchschaubares Ablenkungsmanöver«, sagte Schmidberger.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -