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Islamophobie von Amts wegen

Fabian Goldmann über die Schwierigkeiten für Muslime, Moscheen in Deutschland zu bauen

  • Fabian Goldmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Vier Vorfälle aus den vergangenen drei Wochen: In Bremen zerreißen Unbekannte 50 Koran-Ausgaben einer Moschee und stopfen die Überreste anschließend ins Klo. In Kassel fliegen Steine durch die Fenster eines islamischen Gotteshauses. Vor einer Moschee in Mönchengladbach werden ein Schweinekopf und Tierblut platziert. Und im nordrhein-westfälischen Hagen steckt ein Unbekannter Mülltonnen an der Fassade einer Moschee in Brand.

Denken wir an Übergriffe auf Moscheen, dann sind es meist solche Taten solcher Gewalttäter, die uns in den Sinn kommen. Doch die Angriffe, denen die muslimische Gemeinde in Deutschland ausgesetzt ist, beschränken sich nicht auf die wenigen Vorfälle, die es in Schlagzeilen und polizeiliche Kriminalstatistiken schaffen. Die größten Einschränkungen erlebt islamisches Gemeindeleben in Deutschland nicht durch rechte Schläger und wütenden Demonstranten, sondern durch Lokalpolitiker, Stadträte und Beamte.

»Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.« So steht es zumindest im Grundgesetz. In der Praxis können die Vertreter von so ziemlich jeder islamischen Gemeinde in der Bundesrepublik über zahllose Störungen berichten: angefangen bei der fast aussichtslosen Suche nach Räumen und Grundstücken für die Betenden über die Instrumentalisierung im Kommunalwahlkampf bis zu endlosen Auflagen durch Behörden.

Vor allem im Osten des Landes wissen Politiker und Beamte, wie sie das hohe Lied der Religionsfreiheit in den Paragrafentiefen des deutschen Baurechts zum Verstummen bringen können: Zu wenige Parkmöglichkeiten im Viertel? Zu viele Hamster auf dem Acker? Verbietet der Bebauungsplan für das Gewerbegebiet nicht ohnehin die Errichtung religiöser Gebäude? Könnte das Minarett die Silhouette der Neubausiedlung stören? Oder der Gebetslärm die Idylle an der Bundesstraße? Die meisten Moscheebauprojekte scheitern noch lange bevor der erste Schweinekopf abgelegt und das erste rassistische Graffiti gesprüht wurde.

Sondergenehmigungen, Änderung von Bebauungsplänen, Fördergelder - Begriffe, die im Kontext anderer Kultureinrichtungen selbstverständlich fallen, sind den meisten muslimischen Bauherren fremd. Sie trifft stets die volle Wucht behördlicher Auflagen. Und oftmals werden sie selbst Thema lokaler Machtkämpfe. Den einen Kommunalpolitiker dienen Muslime als Zwangsverbündete im Kampf gegen rechts, den anderen als Gelegenheit, den drögen Wahlkampf mit ein bisschen Kulturkampf im Niemandsland zwischen Autobahnzubringer und Reifenhandel aufzupeppen. Dass die meisten Muslime nur in Ruhe und Sicherheit ihr Gemeindeleben ausüben wollen, interessiert Kommunalpolitiker oft wenig.

Dabei gibt es kaum ein besseres Beispiel als Moscheen, um Überfremdungsparanoia vieler Menschen mit Fakten zu entkräften. Gemessen am Bedarf gibt es in Deutschland nicht zu viele islamische Religionsstätten, sondern Hunderte zu wenig. Nach Jahrzehnten vermeintlicher Islamisierung steht in allen fünf neuen Bundesländern immer noch keine einzige repräsentative Moschee. Und das ist nach Auffassung vieler Menschen auch gut so. Von den fünf Moscheebauprojekten, die Muslime in den vergangenen Jahren im Osten der Republik initiierten, haben oder hatten sich alle mit großen politischen und behördlichen Widerständen auseinanderzusetzen (Erfurt, Leipzig und Schwerin) oder sind bereits daran gescheitert (Chemnitz und Rostock).

Die real existierende Religionsfreiheit der meisten Muslime spielt sich deshalb meist in umfunktionierten Büroräumen und überfüllten Privatwohnungen ab. Was eigentlich das gute Recht von Gläubigen dieses Landes ist, ist Spielball politischer Auseinandersetzungen. Die Gewährung eines Grundrechts ist abhängig von Erwägungen über Toleranz, Integration und Überfremdung. Vom Auf und Ab bundesweiter Islamdebatten und Mehrheiten im Stadtrat. Von der Programmatik des nächsten Wahlkampfes und der Gunst der Mehrheitsbevölkerung. Es ist auch diese Verachtung vieler Politiker und Behörden gegenüber der Religionsfreiheit ihrer muslimischen Mitbürger, die schließlich dazu beiträgt, dass sich Einzelne legitimiert fühlen, den vermeintlichen Volkswillen mit Gewalt durchzusetzen.

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