Mohammed-Karikaturen 2.0?

Die Karikaturistin Franziska Becker soll am Samstag den Hedwig-Dohm-Preis erhalten - doch die Kritik reißt nicht ab.

  • Lotte Laloire
  • Lesedauer: 2 Min.

Das wird man ja wohl noch zeichnen dürfen, könnte das Motto des aktuellen Karikaturen-Streitchens sein. Auslöser ist, dass der Journalistinnenbund (jb) am Samstag die Hedwig-Dohm-Urkunde verleihen will. Und zwar an die Karikaturistin und Feministin Franziska Becker, die seit 1977 auch für die Frauenzeitschrift »Emma« zeichnet. In gewohnt provokanter Manier beeilte sich »Emma«, auf Twitter ausgerechnet Beckers Karikaturen zum Thema Islam zu teilen. Eine zeigt eine Polizistin mit Kopftuch, die einem Ladendieb die Hand abhackt. »Seit die bei der Polizei sind, ist der Ladendiebstahl merklich zurückgegangen«, sagt der Ladenbesitzer am Rand.

Wie auf Knopfdruck entlud sich im Netz die Kritik, das sei muslimfeindlich. Allen voran die »taz«-Journalistin Sibel Schick, die befürchtet, solche Bilder spielten Pegida und Co. in die Hände. Eine andere schreibt: »Nie lag der jb so daneben mit seinem Preis.«
Die Becker-Fans hingegen tun die Warnungen vor einer rassistischen Instrumentalisierung der Satire als humorlos ab. Ein Blogger ärgert sich, dass Beckers Abbildungen von christlichen Priestern, die Frauen verprügeln, niemanden interessierten, nur ihre Kritik am Islam störe. Auch die Namensgeberin des Preises, Hedwig Dohm, setzte sich intensiv mit Religion auseinander.

Das traurige Gehacke über Becker erinnert an die Mohammed-Karikaturen, die 2015 in der dänischen Zeitung »Jyllands-Posten« erschienen waren. Das lässt – leider – wenig Raum für die Preisträgerin, die jenseits aller Politik einfach sehr gut zeichnen kann. Sie wird übrigens nicht nur für ihre Karikaturen in der »Emma« ausgezeichnet – sondern für ihr Lebenswerk. Becker, 1949 in Mannheim geboren, ist seit den 1970ern feministisch aktiv. Sie arbeitete für »Psychologie Heute«, »Titanic« und »Stern« und erhielt bereits mehrere Preise, zuletzt den Wilhelm-Busch-Preis. Ob als nächstes die Hedwig-Dohm-Urkunde folgt, bleibt abzuwarten. Die nd-Anfrage an den jb, der nun intern diskutiert, wurde nicht rechtzeitig beantwortet.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -
Dazu passende Podcast-Folgen:

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -