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Nachfrage nach Ökostrom steigt: »Greta-Effekt« auf dem Strommarkt?
Auch nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima hatten mehr Menschen Ökostrom-Verträge abgeschlossen
Heidelberg. In Deutschland steigt dem Vergleichs- und Vermittlungsportal Verivox zufolge die Nachfrage nach Ökostrom. Nach jahrelangen Rückgängen nehme die Zahl der neu abgeschlossenen Ökostromtarife wieder kräftig zu, hat Verivox nach eigenen Angaben ermittelt. Im Juni hätten sich 58 Prozent der Haushalte, die über Verivox einen neuen Stromvertrag abgeschlossen haben, für einen Ökotarif entschieden. Im Juni des vergangenen Jahres seien es dagegen nur 33 Prozent gewesen.
Verivox führt den Anstieg auf die aktuelle Klimadebatte zurück. »Verbraucher greifen vermehrt zu Ökostrom, wenn sie sich durch externe Ereignisse individuell betroffen fühlen«, sagte der Energieexperte des Portals, Valerian Vogel. Das sei nach der Atomkatastrophe von Fukushima so gewesen, »und auch heute wieder, wo die Erderwärmung durch Greta Thunberg stärker ins Zentrum des gesellschaftlichen Diskurses gerückt ist«. Die junge schwedische Aktivistin hatte mit ihrem Schulstreik die »Fridays-for-Future«-Bewegung für einen besseren Klimaschutz ausgelöst. Der »Greta-Effekt« ist zum geflügelten Wort geworden.
Nach der Fukushima-Katastrophe hätten im Jahr 2012 drei von vier Verbrauchern einen Ökostromtarif abgeschlossen, berichtete Verivox weiter. In den Jahren danach sei der Anteil der Ökostromwechsler kontinuierlich gesunken - auf nur noch 32 Prozent im Gesamtjahr 2018. Nach den letzten vorliegenden Zahlen der Bundesnetzagentur bezogen 2017 fast 11 Millionen Haushalte in Deutschland Ökostrom. Das waren knapp 24 Prozent aller Haushalte, etwa 2 Prozentpunkte mehr als im Jahr zuvor.
Auch der Stromriese Eon hatte kürzlich mitgeteilt, bei ihm sei die Zahl der Ökostrom-Kunden innerhalb eines Jahres um 30 Prozent gewachsen. Auch Eon führt den Anstieg vor allem auf die Klimadebatte zurück. Das sei vor allem bei jüngeren Kunden zu spüren, von denen sich jeder fünfte für grünen Strom entscheide.
Ökostrom stamme zwar zu 100 Prozent aus regenerativen Quellen, betont Verivox. Dazu zählten aber auch alte, abgeschriebene Wasserkraftwerke. Wer sich nachhaltig für den Klimaschutz einsetzen möchte, sollte deshalb an Hand von Gütesiegeln oder durch Nachfragen bei den Anbietern prüfen, ob »ein Teil der Einnahmen in den Bau neuer Anlagen zur regenerativen Stromerzeugung zurückfließt«, empfahl Vogel.
Verivox und das zweite große Vergleichsportal Check24 haben nach Angaben des Bundeskartellamts einen erheblichen Anteil am Abschluss neuer Stromverträge. Rund 3,5 Millionen neue Verträge von Haushaltskunden würden im Jahr von den Portalen vermittelt, die dafür Provisionen erhalten. dpa/nd
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