Arme Kinder werden diskriminiert

Armutsforscher Michael Klundt empfiehlt sensibleren Umgang mit Sprache

  • Jonas Krumbein
  • Lesedauer: 2 Min.

Magdeburg. Der Armutsforscher Michael Klundt von der Hochschule Magdeburg-Stendal beklagt eine Diskriminierung von Kindern in Armut durch Politiker und auch Journalisten. »Wer von Problemkindern oder -eltern spricht, erklärt die Schwierigkeiten dieser Menschen zu ihrem Wesensmerkmal«, sagte Klundt dem Evangelischen Pressedienst. Politiker sollten diese prekären Umstände gemeinsam mit den Betroffenen bekämpfen, sagte der Professor, der jüngst die Studie »Gestohlenes Leben - Kinderarmut in Deutschland« veröffentlicht hatte.

Klundt empfahl, sensibel mit Sprache umzugehen, um Diskriminierungen zu umgehen: »Besser ist es, von Eltern zu sprechen, die Probleme haben oder von Kindern, die in problematischen Verhältnissen aufwachsen.« Auch die Schulen nimmt der Experte in die Pflicht, bewusst gegen Ausgrenzung vorzugehen. Von Pädagogen wünsche er sich einen wertschätzenderen Umgang mit Kindern in Armut: »Kinder nehmen genau wahr, wie Lehrer über Arme sprechen, wie sie arme Eltern und Kinder behandeln.«

Zur Erscheinungsform von Kinderarmut in Deutschland sagte Klundt: »Wer von Armut spricht, hat meist Obdachlosigkeit vor Augen oder Kinder, die Drogen oder ihren Körper verkaufen.« Meist aber sei Armut von Kindern in Deutschland öffentlich kaum sichtbar: »Das sind Kinder, die morgens oft hungrig zur Kita oder Schule kommen, kein eigenes Zimmer haben, keinen ruhigen Ort, um Hausaufgaben zu machen, die sich schämen, Freunde nach Hause einzuladen oder ihnen kein Geschenk machen können, wenn sie zum Geburtstag eingeladen werden.«

Laut dem letzten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung leben 1,9 bis 2,7 Millionen von 12,9 Millionen der unter 18-Jährigen in relativer Armut oder sind armutsgefährdet. Angesichts einer hohen Dunkelziffer geht der Deutsche Kinderschutzbund sogar von über vier Millionen betroffenen Kindern aus. Knapp eine Million Kinder Alleinerziehender leben nach offiziellen Daten von Hartz IV.

Lesen sie auch zum Thema: Arme Kinder haben arme Eltern. Expert*innen aus der Praxis fordern stärker familienorientierte und armutssensible Politik. Von Claudia Krieg

Der Wissenschaftler rät Kommunen dazu, Kitas, Schülerticket und Schulessen kostenlos anzubieten. Zudem sollten sämtliche Schulmaterialien kostenfrei bereitgestellt werden. Darüber hinaus müssten die Hartz-IV-Sätze angehoben werden. Sie dürften nicht mehr durch Sanktionen unterschritten werden. epd/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.