Haltungsfrage
Demokraten uneins über den Umgang mit Trump
Donald Trump hat die Demokraten wieder vereint. Nach tagelangen Flügelstreitereien haben die rassistischen Tweets des US-Präsidenten den progressiven und moderaten Flügel wieder zusammengebracht. Trump twitterte am Sonntag, »progressive Abgeordnete« sollten »zurückgehen in die kriminalitätsverseuchten Länder, aus denen sie kommen«. Gemeint sind vier Parlamentarierinnen, die in den USA auch als »Squad«, als »Mannschaft« bezeichnet werden. Die demokratischen Sozialistinnen Alexandria Ocasio-Cortez und Rashida Tlaib aus New York City und Detroit sowie Ayanna Pressley aus Boston und Ilhan Omar aus Minneapolis vom linken Parteiflügel der Demokraten sind in den letzten Monaten mit ihrem konfrontativen Politikstil zu Social-Media-Stars geworden und haben viel Medienaufmerksamkeit bekommen. Demografisch stehen die Latina, die US-Palästinenserin, die junge Schwarze und die Kopftuch tragende US-Somalierin für das neue diverse Amerika.
Sie hatten sich in den letzten Tagen bei Besuchen in den Internierungslagern des US-Grenzschutzes wortgewaltig gegen die menschenunwürdige Unterbringung von Migranten an der Südgrenze eingesetzt. Diese »Grausamkeit« sehen Kritiker als absichtliche Agenda von Trump. Aus Trumps Tweets spreche auch die Vorstellung dass die - bis auf Omar, die erst seit 2000 US-Staatsbürgerin ist - allesamt in den USA geborenen Mitglieder der »Squad« nicht zu Amerika gehören. Trump gehe es »in Wirklichkeit darum, die USA wieder weiß zu machen«, so Demokratenführerin Nancy Pelosi. Sie verteidigte die Vier: »Unsere Diversität ist unsere Stärke, unsere Einheit gibt uns Macht.«
Doch das sah Pelosi in Bezug auf das Engagement der vier Parlamentarierinnen vor wenigen Tagen noch anders, zumindest, wenn es um politische Strategie geht. Trumps Attacke geht auch auf Pelosi-Äußerungen über die »Squad« zurück. Vor einer Woche hatte sich eine von der Aufmerksamkeit für die Vier genervte Pelosi, die sich als Fraktionsführerin vor allem um die Wiederwahl moderater Demokraten in Wechselwählerkreisen sorgt, abfällig über das Quartett geäußert und so tagelange Berichterstattung über streitende Demokraten ausgelöst. Außerhalb von Twitter hätten die »keine Unterstützung« und im Parlament »nur vier Stimmen«. Das bezog sich auf die Abstimmung zu einem Kompromissgesetz zur Finanzierung des US-Grenzschutzes Ende Juni. Pelosi hatte dem Druck des republikanischen Senats und moderater Demokraten nachgegeben und eine Version des Gesetzes, die keine Einschränkungen für den Grenzschutz bei der Trennung von Familien in Internierungslagern vorsah, nur mit Republikaner-Stimmen durch das Repräsentantenhaus gebracht.
95 progressive Demokraten stimmten mit »No«. Nach dem Machtkampf mit dem linken Flügel flogen Anschuldigungen schwarzer moderater Demokraten gegen vermeintlich elitäre linke Aktivisten sowie der Vorwurf von Appeasement von Letzteren an Moderate hin und her, Moderate ließen eine für Ocasio-Cortez und Omar ungünstige Umfrage an die Presse durchsickern. Trumps Kommentare vereinten die Partei dann wieder abrupt. Die Frage, wie aggressiv Widerstand geleistet werden muss gegen Trump, ist weiterhin offen.
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