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Eingeknickt
Die Abstimmung über von der Leyen war kein Ruhmesblatt für das Europaparlament, meint Uwe Sattler
Der Mut, den ein Großteil der Abgeordneten noch vor zwei Wochen zeigte, ist verflogen. Am Dienstagabend stimmte eine Mehrheit des Europaparlaments für die vom Europäischen Rat als EU-Kommissionschefin vorgeschlagene Ursula von der Leyen. Parteiendisziplin und Unterordnung gegen die sorgfältig in Hinterzimmern ausgedealte Balance von politischen Ausrichtungen, Geschlechtern, großen und kleinen Staaten sowie Regionen bei der Besetzung der EU-Spitzenposten war den meisten Parlamentariern denn doch wichtiger als ein selbstbewusstes Parlament, das die Rolle als »europäische Volksvertretung« ernst nimmt.
Nicht nur, dass es die Abgeordneten verschlafen haben, sich auf eine eigene Kandidatin oder einen Kandidaten zu einigen, so den Spieß umzudrehen und ihrerseits die Staats- und Regierungschefs unter Druck zu setzen. Die deutsche CDU-Politikerin wurde gewählt, obwohl mit ihrer Nominierung das Spitzenkandidatenprinzip unterhöhlt worden ist. Ein Prinzip, das zwar eher moralischer Natur ist, weil juristisch nicht verbindlich. Das aber trotzdem zur Demokratisierung der EU beiträgt und dessen Verletzung im Parlament daher zu Recht Empörung hervorrief – zumindest bei der konstituierenden Sitzung Anfang Juli.
Noch schwerer als das Einknicken in dieser Frage wiegt jedoch, dass die inhaltliche Auseinandersetzung mit von der Leyen auf der Strecke geblieben ist. Allein Linke und Grüne hatten ihre Ablehnung der Kommissionschefin in spe mit deren politischen Positionen begründet. Ursula von der Leyen ist bislang nicht damit aufgefallen, die EU sozialer, demokratischer, solidarischer machen zu wollen – obgleich diese Attribute beim Speeddating mit Fraktionen im Europaparlament in den vergangenen Tagen fielen. Was das konkret bedeutet, konnte oder wollte sie nicht sagen. Um Themen wie armutssichere europäische Mindestlöhne, die Einführung einer Sozialklausel in die EU-Verträge oder eine klare Verpflichtung zur Aufnahme von Geflüchteten machte von der Leyen bei den Anhörungen einen großen Bogen. Zwar legte sie am Dienstag ihre »Agenda für Europa« vor, die auch mit Zahlen und Zielmarken versehen war. Wie sie dies erreichen will, ließ sie allerdings offen. Einen Namen gemacht hat sich die deutsche Verteidigungsministerin dagegen mit der Forcierung europäischer Rüstungsprojekte. Kein gutes Omen für ihre Kommissionspräsidentschaft.
Letztlich macht es jedoch keinen Unterschied, ob die Person an der Kommissionsspitze nun Weber, von der Leyen oder Timmermans heißt, der für die Sozialdemokraten angetreten war. Sie sind nicht an nachhaltigen Kursänderungen der EU interessiert. Wie auch die konservativ-liberal-sozialdemokratische Mehrheit im Europaparlament.
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