Ansturm auf Area 51

Bernd Zeller macht sich Gedanken über die erste Begegnung von Menschen mit Außerirdischen

  • Bernd Zeller
  • Lesedauer: 3 Min.

In unserem heutigen Bericht blicken wir auf ein Ereignis von weltweiter sowie historischer Bedeutung, das dank einer Initiative im gräßten sozialen Netzwerk der Erde bevorsteht oder nach einigen Auffassungen schon stattgefunden hat. Anderthalb Millionen Facebook-Nutzer haben sich verabredet, die Station Area 51 der US-Armee in Nevada zu betreten oder, falls dies nötig sein sollte, zu stürmen, um die dort vermuteten Außerirdischen zu sehen.

Warum Facebook-Nutzer? Denen gefällt das. Zunächst ist bemerkenswert, dass es durch die moderne Kommunikationstechnik möglich ist, ein Millionenheer zu befehligen, und das sogar, ohne dass die Leute selbst merken, dass sie ein Heer bilden. Sie gehen zwar nur leicht bewaffnet los, aber dank Smartphones und Vernetzung konnte nun eine Idee zur materiellen Gewalt werden, indem sie die Massen erreicht.

Neu gegenüber früheren freiwilligen Beteiligungen an historischen Feldzügen ist, dass die Teilnehmer nicht nur sagen können, sie sind dabei gewesen, sondern sie können es durch Videos und Selfies belegen.

Wie wir die Menschen des digitalen Zeitalters kennen, ist es ihnen bei der Planung des Marsches nicht möglich, zwischen der Verabredung und der Umsetzung zu unterscheiden. Sie müssen einen Schuldigen wählen, dem sie es vorwerfen können, nicht ausreichend versorgt zu werden oder, amerikamäßig, nicht gewarnt worden zu sein, dass eine solche Tour Hunger verursacht und Durst und dass man, falls man dies ahnte und Proviant mitgenommen hat, ihn schleppen muss und man dabei schmerzensgeldpflichtig traumatisiert wird. Die ersten, die umkehren, werden von den anderen für die Außerirdischen gehalten.

Wenn die US-Armee so strategisch denkt, wie sie vorgibt, dann stellt sie eine Reihe von Imbissbuden auf, an denen es Cola und Steaks und Pommes frites sowie vegetarische Burger gibt, und saniert damit ihren Haushalt.

Wie sich die Teilnehmer des großen Marsches die Begegnung mit den Außerirdischen vorstellen, hängt davon ab, zu welcher Science-Fiction-Generation sie gehören. Eine häufige Art der Begegnung ist: Man wird gefressen. Dann ist man durch die Menge im Vorteil. In der klassischen utopischen Literatur sind, oder besser waren, die Bewohner ferner Planeten, die zu uns gereist sind, ihrerseits hoch entwickelt und haben eine gesellschaftliche Stufe erreicht, von der aus wir ihnen als zurückgebliebene Urmenschen erscheinen.

Man muss nicht Außerirdischer sein, um gelegentlich zu dieser Auffassung zu gelangen. Aber dann kommt es sehr darauf an, ob sie in uns noch Potenzial zu erkennen glauben und uns Entwicklungszusammenarbeit anbieten, die unseren Vertretern aber nichts nützt, weil sie nicht mit finanziellen Zuwendungen verbunden ist (diese Stadium haben sie ja längst überwunden), oder ob sie uns als hoffnungslos betrachten, jedoch tolerieren und unsere kulturellen Bemühungen würdigen.

Dann gibt es das Modell von intergalaktischen Zivilisationen, die so sind wie wir, nur noch krasser. Demnach wären die Außerirdischen in der Area 51, um sich dort mit Drogen zu versorgen, und zu zugedröhnt, um unsere Delegation zu empfangen. Oder, und das ist als der wahrscheinlichste Fall anzusehen, sie haben den Facebook-Aufruf selbst lanciert, um uns in eine Falle zu locken oder um uns dafür zu benutzen, dass wir ihre festgehaltenen Mit-Aliens befreien. Das wäre sehr intelligent, und wir würden es sehr, sehr schade finden, dass der Posten der EU-Kommissionspräsidentin schon vergeben ist. Ein paar Landtagswahlen stehen immerhin an, aber das wäre solchen Intelligenzen wohl zu mickrig.

Der Marsch ist für Mitte September angesetzt. Bis dahin hat die US-Armee genug Zeit, alles, was nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist, zu verstecken oder die Wegweiser umzustellen. Im denkbar ernstesten Fall muss die Alien-Technologie benutzt werden, um die Zeit zurückspringen zu lassen, so dass wir wieder Jetzt hätten.

Manche meinen, das werde bereits praktiziert.

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!