Ende Gelände
Eine Prise Geodäsie in unfreiwilliger Wanderpause
Im Urlaub zu wandern, galt während einiger, erst unlängst verflossener Jahrzehnte allgemein als dröge und spießig - der Zeitgeist fuhr Auto. Inzwischen ist Wandern wieder angesagt. Aber es ist anders geworden: nach haargenauen Karten, entlang präzise markierter und von Etappenhotels gesäumter Wege, mit GPS als sicherem Notanker. Echte Überraschungen oder gar Entdeckungen halten sich dabei in Grenzen, denn auch visuell ist das meiste per Internet schon bekannt. Oft bleibt nur noch der zweifelhafte Reiz, irgendwo anzukommen, um später sagen zu können: Wir sind auch dort gewesen. Allerdings war dies der Verwandtschaft und Bekanntschaft ohnehin schon fast in Echtzeit per Selfies mitgeteilt worden.
In dieser Komfortzone ist Wandern in der Natur zwar wieder attraktiv geworden, aber eben auch sehr kalkulierbar. Man läuft zwar noch wie einst, aber man kann sich so gut wie nie verlaufen. Sollte ein solcher Extremfall jedoch eintreten, fühlen sich viele moderne Wanderer, obwohl zumeist überlebenssicher in Hightech-Bekleidung gehüllt und perfekt mit Wasser- wie Essvorräten versehen, so panisch, als hätte ihr Smartphone weder Netz noch Strom. Dann ist nämlich Ende Gelände. Nur noch wenige altgediente Veteranen und noch viel weniger junge Pfadfinder wissen, wie man weiterkommt: wie man tags und nachts Himmelsrichtungen bestimmt oder mit Karte und Kompass durchs Gelände findet, mit dem Daumen ziemlich genau Entfernungen berechnet, per »Napoleonblick« eine Flussbreite oder mit dem »Holzfällertrick« die Höhe eines Baumes bestimmen kann.
In einer solchen Desorientierungswanderpause ließe sich besagter »Holzfällertrick« zum Zeitvertreib vielleicht mit einem Gedankenexperiment geodätisch noch verfeinern: Zur Bestimmung der maximalen Höhe eines Windrades auf flachem Gelände wird dreimal der Winkel gemessen, unter dem die oberste Flügelspitze erscheint. Die Messpunkte sind 100, 200 und 300 Meter vom Windrad entfern. Wie hoch ist es vom Windradfuß bis zur Flügelspitze?
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