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Es war einmal …
Mit dem Wandel der Zeitungsbranche verschwinden klassische Vertriebswege
Eigentlich ist es noch gar nicht so lange her, da waren die über Jahrzehnte gewachsenen Strukturen für die Zustellung von Zeitungen stabil: Auslieferungen erfolgten pünktlich, Preisänderungen seitens der Zustellerfirmen wurden langfristig angekündigt und bewegten sich meist im einstelligen Prozentbereich. In den vergangenen vier Jahren hat sich dies aber grundlegend geändert: Durch eine Mischung aus Inflation und einer abnehmenden Zahl von Menschen, die eine gedruckte Zeitung abonnieren, kam es zur Preisexplosion.
Nicht nur das »nd« hat immer weniger Abonnenten und Abonnentinnen. Insgesamt ist die Auflage deutscher Tages- und Sonntagszeitungen (inklusive E-Paper) zwischen 1995 und 2023 um mehr als 50 Prozent gesunken – von rund 30,2 Millionen Exemplaren auf rund 11,5 Millionen Exemplare. Blickt man nur auf gedruckte Ausgaben, sank die Auflage sogar um mehr als drei Viertel: auf 8,5 Millionen im Jahr 2024. Denn das Leseverhalten hat sich grundlegend verändert: Die tägliche Zeitungslektüre am Frühstückstisch weicht dem selektiven Medienkonsum auf mobilen Geräten. Leser konsumieren Nachrichten häufiger in kurzen Zeitfenstern zwischendurch, fragmentiert über den Tag verteilt – dabei häufig auch aktueller, als es eine gedruckte Zeitung je sein kann. Das ist die Erwartung vieler Menschen: aktuelle Nachrichten, jederzeit verfügbar.
Abhilfe schaffen da Apps, Webseiten und Digital-Abos. Es entstehen direkte Vertriebswege vom Medium zum Leser, die klassische Vertriebskette vom Druckhaus über den Großhandel zum Einzelhändler verliert hingegen an Bedeutung. Während früher Zeitungszusteller in den frühen Morgenstunden durch Wohngebiete eilten, werden heute vielerorts Verteilzentren zusammengelegt und Zustellgebiete vergrößert, um Kosten zu senken. Gleichzeitig haben Botenzusteller nicht genügend Personal, um kurzfristige Ausfälle zu kompensieren. Die Vertriebsrouten müssen andauernd und kurzfristig verändert werden, eine Preiskalkulation über einen längeren Zeitraum wird so unmöglich.
Sie, liebe Abonnentinnen und Abonnenten, dürften die Auswirkungen dessen schon zu spüren bekommen haben. Immer wieder kommt das »nd« zu spät oder gar nicht: im März im Raum Frankfurt (Oder), im Januar im Raum Leipzig und im November 2024 im Süden Brandenburgs. Mittlerweile erleben wir Ausfälle bei der Zustellung in einem Umfang und einer Häufigkeit, die früher unbekannt waren. Und wir versuchen, auf diese Probleme schnell zu reagieren: Unsere Kollegen und Kolleginnen im Abo-Service stehen Ihnen zur Seite und senden Ausgaben nach, im Verlag versuchen wir, die Strukturen zu »flicken«. Auf Dauer kann eine solche Flickschusterei jedoch keine Lösung sein. Auch deswegen werden wir »nd.DieWoche« ab Mai schon freitags ausliefern, also einen Tag früher als bisher, um eventuelle Zustellprobleme abzufangen und eine Lektüre zum Wochenende so gut es geht garantieren zu können.
Zwischen erodierenden Strukturen und neuen Geschäftsmodellen, zwischen traditionellen Printausgaben und digitaler Innovation wollen wir den Weg in eine stabile Zukunft gehen. Wir freuen uns, wenn Sie diesen Weg weiter mit uns gehen, denn bereits jetzt ist klar: Ein Abo ist schon lange nicht mehr nur das Geld für eine gedruckte Zeitung, sondern auch die Sicherung des Journalismus von links.
Die »Seitenwende« der »Taz«
Als erste überregionale Zeitung will die »Taz« mit ihrer »Seitenwende« ab Oktober die werktägliche Zeitung nicht mehr drucken, sondern sich unter der Woche auf Digital konzentrieren. Auf der Generalversammlung der Genossenschaft im September 2024 erklärte die Geschäftsführung die Ausgabe vom 17. Oktober 2025 für ihre letzte gedruckte werktägliche Zeitung. Bereits seit 2018 verfolge man das strategische Ziel, den Rückgang im traditionellen Print-Abogeschäft zu kompensieren und die Leser*innen-Reichweite zu steigern. Ein langer Weg, der »weder uns noch der ›Taz‹ insgesamt leichtgefallen« ist, aber eine wichtige Entscheidung sei, »um die wirtschaftliche Zukunft der ›Taz‹ zu sichern«, so die Geschäftsführer*innen Aline Lüllmann und Andreas Marggraf.
Festhalten bei der »Jungen Welt«
Gegenteiliges ist bei der Zeitung »Junge Welt« zu beobachten: Dort beklagt man einen »Niedergang gedruckter Tageszeitungen« und steigende Kosten, die damit auf die eigene Auslieferung und Zustellung zukommen. Und trotzdem möchte man an der täglich gedruckten Zeitung festhalten. Sie sei »ein wichtiges Instrument der Aufklärung« und habe gegenüber der digitalen Version Vorzüge. Darunter, dass eine Zeitung besser verteilt und weitergegeben werden könne und dass sich Inhalte gedruckter Artikel besser im Gehirn speichern lassen würden. Solange eine ausreichende Nachfrage nach Print-Abonnements vorhanden sei, werde man daran festhalten, heißt es aus Redaktion, Verlag und Genossenschaft.
In Südthüringen montags digital
So wie das »nd« es bereits im vergangenen Jahr getan hat, hat auch die HCSB-Verlagsgruppe 2025 ihre Montagsausgaben digitalisiert. Zum Verlag gehören die Südthüringer Zeitungsausgaben »Freies Wort«, »Südthüringer Zeitung« und »Meininger Tageblatt«. Hintergrund sind hohe Kosten und zu wenig Zusteller. Die massiven Kostensteigerungen hätten eine Abo-Preisanpassung von 10 Euro erforderlich gemacht, begründete Geschäftsführer Andreas Heinkel den Schritt. Gleichzeitig wolle man einen Transformationsprozess anstoßen, der für Südthüringen nachhaltig Qualitätsjournalismus sichern soll.
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