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Zweiter Putsch bei Berliner Oberligisten Tennis Borussia
Jens Redlich ist nicht mehr Vorstandschef / Geschäftsstelle durch neuen Vorstand besetzt
Berlin. Der Machtkampf beim Berliner Oberligisten Tennis Borussia hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Im Januar scheiterte die Opposition im Verein gegen Vorstandschef und Geldgeber Jens Redlich bei einer turbulenten Mitgliederversammlung. Ein halbes Jahr später bestellte sie ohne Redlichs Wissen erfolgreich einen neuen Vorstand - und nahm die Geschäftsstelle ein.
Zunächst war eine offiziell anmutende Vereinsmitteilung veröffentlicht worden, wonach Günter Brombosch vom Aufsichtsrat als neuer Vorstandsvorsitzender bestellt worden sei: »Die Amtszeit des kommissarischen Vorstands Andreas Voigt hatte mit der Mitgliederversammlung im Januar geendet, Michael Scholich und Jens Redlich waren vorzeitig zurückgetreten.«
Doch Redlich, gerade in den USA, wusste davon gar nichts und dementierte, sich aus den Vereinsgremien zurückgezogen zu haben, wie er noch am Dienstagabend auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur sagte: »Ich habe nur gehört, dass Menschen die Geschäftsstelle gekapert haben sollen.«
Nachdem Redlich zwischenzeitlich einen »Putschversuch« ausgemacht hat, äußerte er sich später zurückhaltend darüber, ob er den erzwungenen Rücktritt anfechten kann: Das Amtsgericht weist Redlich schon nicht mehr als Vorstandsvorsitzenden aus. Die letzte Änderung im Vereinsregister datiert vom 24. Juli. Dort steht nun Bromboschs Name. »Herr Redlich hat bereits vor mehreren Monaten schriftlich seinen Rücktritt erklärt«, schrieb der neue Vorstand am Mittwoch, die Erklärung sei »von Anwälten, Notar und Amtsgericht als wirksam erachtet« worden.
Der neue Vorstandschef Brombosch wird zitiert: »Auf uns wartet eine Menge Arbeit: Als erstes müssen wir die Situation im Verein sondieren, Gespräche führen und Unterlagen sichten.« Die Mitglieder und Mannschaft sollten noch am Mittwoch informiert werden. Unklar ist, inwieweit sie die Übernahme mittragen und ob abgeschlossene Verträge weiterhin gültig bleiben. Wenn Redlich am Donnerstag nach Berlin zurückkehrt, kann es auf eine juristische Auseinandersetzung hinauslaufen.
Der Geschäftsführer einer Fitnessstudiokette war vor drei Jahren als Geldgeber eingestiegen und unterstützte den finanziell angeschlagenen ehemaligen Bundesligisten unter anderem mit mindestens 2,5 Millionen Euro. Redlich wollte den Verein zurück in die Regionalliga führen, was bislang aber misslang. »Egal wie das Ganze sich dreht oder wendet«, weder er noch seine Firma würden Geld zurückfordern, schrieb Redlich auf Facebook. »Das Geld wurde im Sinne für Tebe gezahlt ohne Hintergedanken, den Verein in ein Schuldverhältnis zu bringen.«
Der neue Vorstand betonte, bereits Gespräche mit möglichen neuen Geldgebern und Partnern geführt zu haben und dass ein Etat für die neue Saison gesichert sei - auch bei einem Ausstieg Redlichs.
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In der Vorsaison hatte das zunehmend zerrüttete Verhältnis dazu geführt, dass in der Rückrunde viele Anhänger nicht mehr die Heimspiele besuchten. Sie unterstützten stattdessen als »Caravan of Love« andere Abteilungen und Vereine. Dies wurde vom Fußballmagazin »11Freunde« als Fanaktion der Saison gekürt.
Fan-Sprecher Tobias Schulze kündigte an, die Aktion in abgespeckter Version fortzuführen. Wenn die Übernahme ihres Stammvereins aber erfolgreich sein sollte, kehren sie zurück, sagte Schulze: »Wir freuen uns jetzt auf die neue Saison und den Start am Sonntag bei Tasmania Berlin.« dpa/nd
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