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Letzter Ausweg Referendum
Umweltaktivisten wollen Erdölförderung im Yasuní-Nationalpark aufhalten
»Sacha Ñampi« steht an dem Schild neben der steilen Treppe, die hoch zur Amazonas-Lodge führt. Oben wartet Fernando Alvarado, der gewählte Sekretär der Kichwa-Gemeinde von Alta Florencia und Verwalter der kleinen kommunalen Tourismusanlage. Die besteht aus fünf Holzbungalows und einem kleinen Campingplatz, die vom Regenwald eingefasst sind. 15 Minuten von dem kleinen Dorf Nuevo Rocafuerte, an der Grenze zum Yasuní-Nationalpark im Nordosten Ecuadors, liegt die kommunale Tourismusanlage der 157 Mitglieder zählenden Kichwa-Organisation. »Wir verstehen uns als Hüter des Amazonas-Regenwaldes, wehren uns gegen das Eindringen der Colones und verurteilen die Erdölförderung durch die Regierung«, sagt der kleine quirlige Mann von Anfang 50.
Colones werden die auf der Suche nach Land in die Amazonasregion eindringenden Siedler genannt. Anders als die bauen die Kichwa in einem nachhaltigen Agroforst-System ihre Produkte, vor allem Kaffee und Kakao, an, und setzen auf die Vielfalt in ihrem »Sistema Chakra«. »60-120 verschiedene Produkte, Früchte, Medizinalpflanzen, Gemüse oder Yucca stehen auf dem gleichen Feld im Schatten der Bäume. Das bringe ich den Kindern schon bei«, erklärt Alvarado. Er arbeitet mit Schulen aus der Region zusammen, unterrichtet die Kinder, versucht sie für den Erhalt des Regenwaldes zu sensibilisieren und ist auch strikt gegen die anlaufende Erdölförderung im benachbarten Yasuní-Nationalpark. Dahin bietet »Sacha Ñampi« Exkursionen per Boot an und Alvarado begegnet hin und wieder auch den Bohrteams von »Petroamazonas«, der staatlichen Erdölgesellschaft, die mehrere Dutzend Bohrlöcher planen, um das unter dem Nationalpark liegende Erdöl zu fördern.
Pannen, Kontaminierung und Zerstörung
800 Millionen Barrel Rohöl sollen dort liegen und die ersten Pipelines, um das Öl abzutransportieren, sind bereits in Bau. Dagegen wehren sich die Kichwa, die in aller Regel kollektive Landtitel besitzen. 5333 Hektar sind es bei der Kichwa-Gemeinde von Sacha Ñampi und sie sind, laut Alvardo, auch im Kontakt mit Umweltorganisationen wie Acción Ecólogica oder den Yasunidos.
Diese engagieren sich gegen die Förderpolitik der Regierung. Die setzt unter dem amtierenden Präsidenten Lenín Moreno, der obendrein auch noch im benachbarten Nuevo Rocafuerte aufgewachsen ist, auf die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen. Erdöl, aber auch Kupfer und Gold sollen, so die Strategie der Regierung, in den kommenden Jahren in größeren Mengen gefördert werden. Als zentrales Argument führt die Regierung die Schulden des Landes im Ausland und das Haushaltsdefizit an. Für Ivonne Yánez, Mitgründerin von »Acción Ecólogica«, längst bekannte Argumente.
»Wir werfen der Regierung vor erst gar nicht nach Alternativen für den Bergbau zu suchen, an nachhaltigen Konzepten zu arbeiten. Sie setzt einseitig auf den Bergbau und sich über geltendes Recht hinweg«, kritisiert die Umweltaktivistin. Argumente, die von Alberto Acosta, ehemaliger Erdölmanager und Vorsitzender der verfassungsgebenden Versammlung 2008, geteilt werden. Er ist der Meinung, dass unter der Regie des ehemaligen Präsidenten Rafael Correa die Organisationen der Zivilgesellschaft geschwächt wurden. »Das gilt nicht nur für den Dachverband der indigenen Organisationen, CONAIE, sondern auch für Organisationen im Umweltbereich, sei es Acción Ecológica oder die Yasunidos. Sie organisieren sich derzeit neu«, so der 71-jährige Intellektuelle.
Yasunidos nennt sich die Dachorganisation von etlichen kollektiv agierenden Gruppen, die sich landesweit für den Schutz des Nationalparks Yasuní engagieren. Sie haben von August 2013 und bis April 2014 rund 750.000 Unterschriften gesammelt, um ein landesweites Referendum durchzusetzen. Doch der ecuadorianische Wahlrat hat rund 200.000 Unterschriften für ungültig erklärt, wodurch das Referendum nicht zu Stande kam. Dagegen agieren die Yasunidos auf juristischer Ebene, so Pedro Bermeo, einer der Sprecher*innen der Umweltbewegung. Mit Erfolg: »Die Ombudsstelle der Bevölkerung, aber auch der neu besetzte Wahlrat hat bestätigt, dass der alte Wahlrat 2014 bei der Überprüfung der Unterschriften Fehler gemacht hat, um das Referendum zu verhindern. Heute kommen wir dem Referendum langsam näher«. Das könnte die Förderung stoppen.
Das Areal wo gefördert werden darf, ist zudem laut Bermeo ausgeweitet worden. »Das Gesetz 751 ist dafür verantwortlich und unseren Informationen zufolge gibt es immer wieder Unfälle und Kontaminierungen im Kontext der Förderung in der Amazonasregion«.
So vorbildlich wie »Petroamazonas« vorgibt zu arbeiten, läuft die Förderung demnach nicht. Das bestätigt auch der Erdölarbeiter Antonio Ibarra* aus Ecuadors Erdöldrehscheibe Coca. »Wir pressen ein Gemisch aus Wasser und Chemikalien in die Bohrlöcher und da läuft immer mal etwas über«, erklärt er. Im Umweltministerium werden derartige Unfälle heruntergespielt. »Das sind Fälle, die die Justiz prüfen muss. Wir haben die Gesetze, die derartige Unfälle sanktionieren«, so Vizeumweltminister Michael Castañeda lapidar. Allerdings klagen Umweltorganisationen wie Acción Ecólógica, oder die Yasunidos, dass sie nicht immer angewandt werden.
Bestes Beispiel dafür ist der Umgang der offiziellen Stellen mit dem Referendumsantrag der Yasunidos. Der könnte, so hofft Bermeo, alsbald auf den Weg gebracht werden. Für die Regierung könnte ein Nein der Bevölkerung zur Förderung im Yasuní-Nationalpark tiefe Löcher in den Regierungsetat reißen. Eventuell ein Grund, weshalb Volksbegehren, die laut Verfassung zulässig sind, in der Realität nur schwer durchzusetzen sind. Das mutmaßt nicht nur Yasunidos-Sprecher Pedro Bermeo.
Antonio Ibarra* heißt mit richtigem Namen anders, der Autor möchte ihn durch das Pseudonym schützen.
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