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Tod eines Patriarchen
Ferdinand Piëch machte VW zum Riesenkonzern
Die Liste der Kondolenzerklärungen für Ferdinand Piëch ist lang. Darauf findet sich auch Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan Weil, der den am Sonntag 82-jährig Verstorbenen als »einen der großen Unternehmer in der Geschichte der Bundesrepublik« bezeichnete. Dabei hatte Weil im April 2015 im Präsidium des VW-Aufsichtsrates, dem er qua Amt angehört, zu Piëchs Sturz beigetragen. Dieser wollte als Chefaufseher den Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn hinauswerfen lassen, doch der Rest des Gremiums widersetzte sich, so dass Piëch zurücktrat.
Bis dahin war der gebürtige Wiener bei Volkswagen allmächtig und vor allem keinen Widerspruch gewohnt. Der studierte Maschinenbauer und Ingenieur wurde 1993 zum Vorstandschef der damals defizitären Volkswagen AG ernannt. Für viele schloss sich ein Kreis mit dem Enkel von Ferdinand Porsche, der einst als Konstrukteur des Nazi-Käfers eine wichtige Rolle bei der Betriebsgründung gespielt hatte. Unter Piëch wurden Qualitätsprobleme gelöst. Durch Outsourcing und Just-in-time-Produktion konnten die Kosten gesenkt werden - oft zulasten der mittelständischen Zulieferer. Und VW kaufte diverse Autofirmen, aber auch große Lkw-Hersteller. Das Unternehmen aus der niedersächsischen Provinz wurde zum Weltkonzern, der sich seit Jahren mit Toyota um den Spitzenplatz der Autoindustrie balgt.
Gleichzeitig stellte Piëch im Unterschied zu manchen Politikern und Managern nie die Besonderheiten des VW-Konzerns infrage - in Wolfsburg darf nichts gegen das Land Niedersachsen und den Betriebsrat entschieden werden. Diese Struktur sorgte für die nötige Stabilität, die der Pa-triarch für den Umbau brauchte.
2002 wechselte er, damals 64-jährig, in den Aufsichtsratschef. Er blieb aber weiter der Firmenlenker. Ernstzunehmenden Widerstand gab es nur aus anderen Teilen seines Familienclans. Der Versuch einer Übernahme VWs durch Porsche scheiterte kläglich - Piëch machte den Sportwagenbauer 2009 zur zwölften Konzernmarke. Seither gehört aber auch etwa die Hälfte der VW-Aktien der Familienholding - Ferdinand ließ sich 2017 von dieser auszahlen.
Trotz aller jetzt verbreiteten Erfolgsstorys: Piëch machte VW nicht zukunftsfähig. Im Gegenteil, er setzte als Ingenieur auf Dieselmotoren und hatte ein Faible für die ganz dicken Schlitten. Doch die Übernahme von Rolls-Royce wie auch der Ausflug des Golf-Herstellers in die Oberklasse mit dem Phaeton gerieten zum Fiasko. Die Studie des Ein-Liter-Autos XL1 hingegen ging nie in Serie.
Sein Anteil am Dieselskandal ist umstritten. Einige Beobachter meinen, Piëch habe ein Klima der Angst geschaffen, so dass die Ingenieure lieber zu Betrügereien griffen, als zuzugeben, dass sie die Abgasvorgaben nicht schafften. Doch was wusste er selbst von den Vorgängen? Piëch sagte, er habe von einem Informanten frühzeitig Hinweise über Probleme in den USA erhalten und diese mit Vorstandschef Winterkorn, mit Weil und Betriebsratschef Bernd Osterloh besprochen, die aber untätig blieben. War dies so oder doch nur eine Retourkutsche für den Sturz?
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