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Schwierige Regierungsgespräche in Italien
Fünf-Sterne-Bewegung und Demokratische Partei streiten über das Spitzenpersonal
Die Gespräche zwischen der Fünf-Sterne-Bewegung und der Demokratischen Partei (PD) über eine neue italienische Regierung sind am Dienstag vorübergehend abgebrochen worden. Die Sterne erklärten kurz vor entscheidenden Konsultationen bei Präsident Sergio Mattarella, dass es keine weiteren Treffen geben werde, wenn die PD nicht Giuseppe Conte als künftigen Regierungschef billigen würde. Nach Medienberichten hatte PD-Chef Nicola Zingaretti zunächst den Abgeordnetenhauspräsidenten Roberto Fico vom linken Flügel der Sterne anstelle von Conte für den Spitzenposten vorgeschlagen. Fico lehnte aber ab.
Der Führungskreis der PD kam am Dienstagnachmittag zu einer Krisensitzung zusammen. Nach Agenturberichten soll der Fraktionschef der Sozialdemokraten im Abgeordnetenhaus, Graziano Delrio, erklärt haben, seine Partei würde kein Veto gegen Conte einlegen. Eine Reaktion der Sterne auf dieses Entgegenkommen war bis Redaktionsschluss nicht bekannt.
Der parteilose Conte hatte auch das Bündnis der Sterne mit der rechtsradikalen Lega geführt, das Lega-Chef Matteo Salvini kürzlich platzen ließ. Sterne-Spitzenpolitiker Luigi Di Maio will offenbar in der möglichen neuen Regierung Vizepremier bleiben und Salvinis Nachfolger im Amt des Innenministers werden.
Nach Darstellung der Sterne wollte die sozialdemokratische PD bei einem Treffen am Montag nur über Posten und nicht über Themen reden. »So kann man nicht arbeiten. Entweder ändern sie ihre Einstellung oder es wird schwierig«, hieß es in einer Mitteilung. Funktionäre der Demokratischen Partei hatten sich dagegen zunächst positiv geäußert. »Ich bin optimistisch, dass es möglich ist, zu einer Einigung zu kommen«, sagte Nicola Zingaretti.
Die Sterne werden von einem Teil ihrer Anhängerschaft unter Druck gesetzt. Denn sie war als Anti-Establishment-Partei gegründet worden, welche auch die PD für die Missstände in Italien verantwortlich gemacht hatte. Nun warfen zahlreiche Nutzer auf Facebook Di Maio vor, mit den ehemaligen Gegnern gemeinsame Sache zu machen, um seinen Posten nicht zu verlieren. Über einen möglichen Koalitionsvertrag könnten die Sterne ihre Mitglieder im Internet befragen.
Mattarella hatte Konsultationen mit allen im Parlament vertretenen Parteien bis Mittwochabend angekündigt. Dann muss er entscheiden, ob es eine neue Regierung geben oder ob eine Neuwahl im Herbst nötig wird.
Sowohl die Sterne als auch die Sozialdemokraten haben eigentlich wenig Interesse an einer Neuwahl, da sie in Umfragen deutlich hinter der Lega liegen. Allerdings scheint Salvinis Partei der Ausstieg aus der Koalition zu schaden. In Umfragen verlor die Lega im Vergleich zum Juli rund fünf Prozentpunkte und lag nun bei 33,7 Prozent.
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