Salvini ist raus

Fünf-Sterne-Bewegung verkündet Einigung mit Sozialdemokraten über Regierungskoalition

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Rom. Nach einer dreiwöchigen Krise scheinen Neuwahlen in Italien vorerst abgewendet: Die populistische Fünf-Sterne-Bewegung hat nach eigenen Angaben eine Einigung mit der sozialdemokratischen Oppositionspartei PD über eine Regierungskoalition erzielt. Der bisherige Ministerpräsident Giuseppe Conte ist erneut mit der Regierungsbildung beauftragt worden. Dies teilte ein Präsidentensprecher am Donnerstag in Rom mit. Am Mittwoch hatten sich die populistische Fünf-Sterne-Bewegung und die sozialdemokratische Oppositionspartei PD auf die Bildung einer Regierungskoalition unter Führung von Conte geeinigt. Staatschef Sergio Mattarella bestellte Conte für Donnerstagmorgen in den Präsidentenpalast ein.

PD-Chef Nicola Zingaretti hatte zuvor bei einem Treffen mit Mattarella die Bereitschaft seiner Partei bekräftigt, eine »Regierung des Wandels« mit der Fünf-Sterne-Bewegung einzugehen. Die Verhandlungsführer beider Parteien hätten die Arbeit an einem gemeinsamen Programm »positiv abgeschlossen«, sagte PD-Fraktionschef Andrea Marcucci nach stundenlangen Gesprächen.

Es wird erwartet, das der parteilose Conte einige Tage Zeit für politische Beratungen bekommt, um so eine Mehrheit im Parlament zu sichern. Diese hätte er, wenn Fünf Sterne und PD für ihn stimmen. Die Fünf-Sterne-Bewegung hat angekündigt, ihre Mitglieder per Internet über den Koalitionsvertrag abstimmen zu lassen. Dies könnte am Wochenende geschehen.

Die Fünf Sterne und die PD standen sich lange in tiefer Abneigung gegenüber. Sie verhandelten seit einer Woche über eine mögliche Regierungskoalition. Innenminister Matteo Salvini von der rechtsradikalen Lega hatte Anfang August das erst 14 Monate alte Regierungsbündnis mit der Fünf-Sterne-Bewegung platzen lassen und die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone damit in eine schwere politische Krise gestürzt.

Lega-Chef Salvini sagte am Mittwoch in Rom, das künftige Regierungsbündnis sei äußerst fragil und werde nicht lange halten. »Also müssen wir sechs Monate oder ein Jahr warten, bis wir gewinnen. Wir sind nicht in Eile«, sagte er. Das einzige, was die Fünf Sterne und die PD verbinde, sei ihr »Hass« auf die Lega, die Umfragen zufolge Anfang August bei 36 bis 38 Prozent der Wählergunst lag.

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Salvini hatte zusammen mit den Sternen immer wieder Schiffe mit Migranten wochenlang auf dem Meer blockiert und zudem Hetze gegen Ausländer betrieben. PD-Politiker Zingaretti forderte zudem eine »loyale Zugehörigkeit« zu Europa. Nicht nur in diesem Punkt liegt die Partei nicht auf Linie mit den Sternen, die immer wieder gegen die EU-Institutionen wettern. Auch beim Thema Migration war die Protestbewegung stark nach rechts gerutscht.

»Es ist schwer, irgendeinen anderen Vorteil (als das Abwenden einer Neuwahl) bei einer Regierung zu identifizieren, die von zwei unterschiedlichen Partnern unterstützt wird, die immer noch von einem tiefen Gefühl des Misstrauens getrennt sind«, sagte Politanalyst Wolfango Piccoli von der Denkfabrik Teneo.

Die Fünf-Sterne-Bewegung hat angekündigt, ihre Mitglieder auf der Internetplattform »Rousseau« über den Koalitionsvertrag abstimmen zu lassen. Dies könnte am Wochenende geschehen. Marcucci erklärte, jede Partei habe ihre »eigenen Verfahren«, über eine Koalition zu entscheiden. Andere PD-Vertreter hatten die Mitgliederbefragung scharf kritisiert und vor einer Ablehnung des Bündnisses durch die Parteibasis gewarnt.

PD-Politiker Zingaretti erklärte am Mittwoch auch sein Einverständnis, dass die Fünf-Sterne-Bewegung »den künftigen Ministerpräsidenten bestimmen wird«. Den Namen des bisherigen Regierungschefs Conte nannte er nicht; allerdings hatte die Fünf-Sterne-Bewegung bereits erklärt, dass die Personalie für sie nicht verhandelbar sei.

Ein Sprecher von Präsident Mattarella kündigte am Mittwochabend die Einbestellung von Conte für Donnerstagmorgen um 09.30 Uhr in den Präsidentenpalast an, machte aber keine weiteren Angaben. Es wird erwartet, dass der parteilose Conte dann von Mattarella mit der Regierungsbildung beauftragt wird. Conte erfreut sich in Italien großer Beliebtheit und erhielt beim G7-Gipfel in Biarritz auch internationale Rückendeckung.

Medienberichten zufolge wollen die Sozialdemokraten Conte mittragen, wenn sie im Gegenzug wichtige Ministerien bekommen, etwa das Außenministerium und das Wirtschaftsministerium. Die Fünf Sterne waren bei der Parlamentswahl im März 2018 stärkste Partei geworden und stellen deshalb die meisten Abgeordneten und Senatoren. Die PD, die Italien von 2013 bis 2018 mit drei verschiedenen Ministerpräsidenten regierte, hatte herbe Verluste eingesteckt. Agenturen/nd

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