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Rot-Rot-Grün steht zum Mietendeckel
Mit der Regierungsmehrheit wurden Oppositionsanträge gegen die Regulierung des Wohnungsmarkts abgeschmettert
Die kontroversen Diskussionen zur Einführung eines Mietendeckels in Berlin erreichten am Donnerstag das Abgeordnetenhaus. Die drei rechten Oppositionsfraktionen von FDP, CDU und AfD brachten jeweils Dringlichkeitsanträge ins Plenum ein, um die Pläne des rot-rot-grünen Senats für die Regulierung des Wohnungsmarkts frühzeitig parlamentarisch zu stoppen. »Der Mietendeckel ist das denkbar schlechteste Mittel, das es gibt«, erklärte der Fraktionsvorsitzende der FDP, Sebastian Czaja. Er kritisierte das Vorhaben des Mitte-links-Bündnisses als »rechtsunsicheres Konstrukt«. Statt der Mietenregulierung solle der Senat lieber die Grundsteuer halbieren und die Mieter über einen »Mieten-TÜV« rechtssicher entlasten. Außerdem solle sich Wohnen-Senatorin Katrin Lompscher (LINKE) für eine Neubauoffensive einsetzen.
Die CDU-Fraktion kritisierte die Pläne für einen Mietendeckel als »linkspopulistisch«. In Richtung von Wohnen-Senatorin Lompscher und mit Bezug auf einen angeblichen künftigen Wikipedia-Eintrag erklärte der bau- und wohnungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Christian Gräff: »Da wird stehen, sie hat versucht, eine Mietensense einzuführen und ist am Bundesverfassungsgericht gescheitert.« Auch die AfD bekräftigte ihre Ablehnung des Deckels.
Anders als es in den vergangenen Tagen in der öffentlichen Diskussion manchmal den Eindruck gemacht hatte, stand die Koalition im Abgeordnetenhaus diesmal geschlossen zu den Mietendeckel-Plänen. »Wir in der SPD-Fraktion und in der rot-rot-grünen Koalition wollen einen Mietendeckel«, bekräftigte die Sprecherin für Bauen, Wohnen, Mieten der sozialdemokratischen Fraktion, Iris Spranger. Man könne und werde den »Mietenwahnsinn« nicht länger dulden. »Die Berlinerinnen und Berliner wollen den ungebremsten Mietenanstieg nicht länger hinnehmen«, betonte Spranger. Der FDP warf die SPD-Abgeordnete vor, dass sie sich zum »Handlanger« von Unternehmen wie der Deutsche Wohnen mache, das zurzeit mit Mietererhöhungen noch Öl ins Feuer gieße.
Auch die Linksfraktion verwies auf die Notwendigkeit, den Wohnungsmarkt zu regulieren. »Seit 2011 sind laut Zahlen der Investitionsbank Berlin-Brandenburg die Angebotsmieten um 60 Prozent gestiegen«, sagte Gaby Gottwald, die Mietenexpertin der Linksfraktion. Die Einkommen der Menschen kommen da nicht hinterher. Gottwald lobte die SPD dafür, dass sie den Mietendeckel ganz nach oben auf die politische Agenda gesetzt habe. Dafür gebühre der SPD Dank, so Gottwald.
Besondere Rückendeckung für das Vorhaben, mit dem juristisches Neuland betreten wird, verspürt Rot-Rot-Grün durch das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe. »Wir haben den Auftrag von ganz oben, Gentrifizierung zu verhindern«, erklärte Gottwald mit Blick auf das Urteil des obersten Gerichts der Bundesrepublik zur Mietpreisbremse. Für sie sei dieses Urteil eine Aufforderung, wenn nicht Verpflichtung, umgehend den Mietenmarkt zu regulieren, so die LINKEN-Abgeordnete.
Die Grünen mahnten erneut an, bei dem Thema Mietendeckel mit »Augenmaß« und »Sachlichkeit« vorzugehen. »Es gibt nicht den einen Mietendeckel, sondern es gibt verschiedene Modelle«, sagte die Grünen-Abgeordnete Katrin Schmidberger. Ihrer Fraktion gehe es vor allem um das »Eindämmen von Wuchermieten«. Klar sei: Rot-Rot-Grün wolle einen rechtssicheren Mietendeckel, um die Interessen von Mietern und Vermietern in Balance zu bringen.
Nach der parlamentarischen Debatte wurden die verschiedenen Dringlichkeitsanträge der drei Oppositionsfraktionen zum Mietendeckel mit der Mehrheit der Stimmen der Regierungsfraktionen abgeschmettert.
Ende dieser Woche, spätestens Anfang kommender Woche soll nach nd-Informationen der Referentenentwurf für den Mietendeckel vorliegen. Danach wird sich zeigen, wie genau der Mietendeckel ausgestaltet werden könnte. Anschließend geht der Vorschlag an die Verbände, die dazu angehört werden. Danach wird sich erneut das Abgeordnetenhaus mit dem Thema beschäftigen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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