Flüchtende retten ist auch Ländersache

Brandenburg soll ein Seenotrettungsschiff finanzieren, sagen die Spitzenkandidaten der LINKEN, Kathrin Dannenberg und Sebastian Walter

  • Lea Schönborn
  • Lesedauer: 4 Min.

Wenn der Bund nicht spurt, müssen die Länder ran. Das meinen zumindest die beiden Spitzenkandidaten der Linkspartei in Brandenburg. Kann Seenotrettung Ländersache sein? Für Kathrin Dannenberg und Sebastian Walter gibt es eine klare Antwort: Das Land Brandenburg soll ein Rettungsschiff inklusive Besatzung finanzieren. Falls sie nach der Wahl am Sonntag weiter an der Regierung beteiligt sein sollten, wollen die LINKEN sichergehen, dass eine Strategie zur Seenotrettung im Koalitionsvertrag verankert wird. Das teilten sie vor der Wahl der »taz« mit.

Dannenberg und Walter haben hierzu auch schon konkrete Vorstellungen. Das Seenotrettungsschiff soll vom Land finanziert werden, genauso wie der Umbau, bei dem auch eine Krankenstation geplant ist. Das Schiff soll einer privaten Organisation zur Verfügung gestellt werden. Der Unterhalt der Crew soll dann ebenfalls aus der Brandenburger Haushaltskasse kommen.

Die LINKE in Brandenburg steht schon im Kontakt mit Seawatch, einem deutschen Verein, der Seenotrettung im Mittelmeer betreibt. Der Verein will auf fast alle Parteien im Landtag zukommen und das Angebot machen, beim Schiffskauf und bei der Ausrüstung zu beraten. Nur bei der AfD will Seawatch nicht vorbeischauen. Und das Beratungsangebot wurde nur von der LINKEN in Anspruch genommen.

Die beiden Spitzenkandidaten wollen nach eigener Aussage mit diesem klaren Statement vor der Wahl ein Zeichen setzen. »Uns geht es darum, Menschenleben zu retten«, sagte Walter dem »nd«. Eine Studie des Meinungsforschungsinstituts infratest dimap vom Juli zeigt, dass 72 Prozent der Bundesbürger*innen Seenotrettung durch private Initiativen unterstützen. 88 Prozent fordern eine Entlastung der Staaten an den EU-Außengrenzen durch eine gleichmäßige Aufteilung der Geretteten. Nur unter AfD-Wähler*innen zeigt sich ein anderes Meinungsbild: 65 Prozent finden Seenotrettung nicht gut. Große Sorgen muss sich die LINKE also nicht machen, dass sie mit ihrer Aktion Wähler*innen verprellen könnte.

Wenn die möglichen Koalitionspartner Grüne und SPD andere Ideen hätten, wie man das Sterben auf dem Mittelmeer verhindern könnte, wäre die LINKE auch für andere Vorschläge offen. Doch im Programm der SPD wird das Thema ausgelassen. Die Grünen setzen auf »Brücken statt auf Mauern«, steht im Wahlprogramm. Nur die LINKE wird konkret.

Man könnte den Vorschlag auch als ein konsequentes Weiterdenken der »Seebrücke« sehen: Städte oder Kommunen bieten sich als »sichere Häfen« an. Dafür müssen sie bestimmte Forderungen unterschreiben, wie zum Beispiel zu versprechen, zusätzliche Flüchtlinge aufzunehmen. Die Frage bleibt nur, wie Kathrin Dannenberg und Sebastian Walter rechtlich argumentieren wollen. Laut der Landeshaushaltsordnung (LHO) dürfen finanzielle Mittel des Landes nur »zur Erfüllung der Aufgaben des Landes« bereitgestellt werden. Inwiefern ist Seenotrettung eine Aufgabe des Landes? Laut Walter ist die Durchführbarkeit »juristisch geprüft« worden.

Die europäische Rettungsmission »Sophia« war im Frühjahr 2019 eingestellt worden. Italiens Regierung hatte sich immer wieder geweigert, die europäischen Marineschiffe anlegen zu lassen. Bei jedem Schiff musste neu diskutiert werden, welcher EU-Mitgliedsstaat Flüchtlinge aufnehme und wie viele. Die LINKE meint, dass die Mission »Sophia« gar nicht als zivile Rettungsmission gewertet werden könne. Sie war als Bundeswehreinsatz mandatiert. Außerdem stellten die Zusammenarbeit mit Frontex und die »nackten Zahlen« der Geretteten die Rettungsmission in Frage.

Die EU-Marineschiffe hatten zudem der sogenannten libyschen Küstenwache zugearbeitet. Menschenrechtsorganisationen prangern regelmäßig diejenigen an, die Flüchtende zurück nach Libyen bringen. Die Umstände in den Lagern dort seien unmenschlich. Seit der Einstellung der Mission sind jedenfalls nur noch private Seenotrettungsinitiativen auf dem Wasser unterwegs, die ausschließlich durch Spenden finanziert werden. Wenn es nach den LINKEN in Brandenburg geht, in Zukunft auch durch deutsche Steuergelder.

Die Kosten für die ländergeführte Mission würden sich auf eine Million Euro für den Kauf des Schiffes belaufen. Weitere 50 000 bis 100 000 Euro würden für den Umbau und ungefähr eine weitere Million für den Unterhalt der Crew benötigt.

Aber auch den privaten Rettungsschiffen auf dem Mittelmeer wird immer wieder das Anlegen in einem sicheren Hafen verweigert. Eine grundsätzliche Lösung bietet ein weiteres Schiff also nicht. Das ist der LINKEN in Brandenburg durchaus bewusst. Die Partei hat schon einen Plan, falls ihrem Schiff das Anlegen verweigert wird. Sie wollen eventuell an die Christlichkeit der zuständigen Politiker appellieren. Immerhin heißt die Partei von Innenminister Horst Seehofer Christlich-Soziale Union in Bayern. Weitere Schritte könnten folgen.

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