Wieder brennt es in Hongkong

Trotz Demonstrationsverbot gehen erneut Zehntausende auf die Straße

  • Felix Lee
  • Lesedauer: 3 Min.

Wieder gab es Barrikaden, wieder setzte die Polizei Tränengas und Wasserwerfer ein. Und wieder kam es zu Dutzenden von Festnahmen und unzähligen Verletzten. Hongkong ist auch an diesem Wochenende nicht zur Ruhe gekommen.

Hunderte pro-demokratische Demonstranten haben sich in der Nacht zu Sonntag erneut stundenlange Auseinandersetzungen mit der Polizei geliefert. Schwarz vermummte Demonstranten warfen im Zentrum der Stadt Molotowcocktails auf ein Regierungsgebäude und setzten eine Straßenbarrikade in Brand. Einige der Protestierenden rissen Pflastersteine aus dem Boden und bewarfen damit die Ordnungskräfte.

Die Polizei wiederum setzte Tränengas und Wasserwerfer ein sowie erstmals auch blau gefärbtes Wasser. Damit sollen die von den Wasserwerfern getroffenen Demonstranten leichter identifiziert werden. Diese wiederum versuchten, sich mit aufgespannten Regenschirmen vor dem Wasserstrahl zu schützen. »Es war eine der heftigsten Auseinandersetzungen der letzten Wochen«, wird ein Protestierender im Hongkonger Fernsehen zitiert.

In Hongkongs Innenstadt beruhigte sich die Lage am Sonntag zwar weitgehend. Dafür zogen einige Tausend Demonstranten zum Flughafen, wo es bereits vor drei Wochen zu schweren Auseinandersetzungen gekommen war, und blockierten dort die Straßen. Der Flughafen-Expresszug war zeitweise außer Betrieb.

Am Donnerstag hatten die Behörden sämtliche Kundgebungen und Demonstrationen fürs Wochenende verboten mit der Begründung, die Ausschreitungen der vergangenen Wochen seien zu heftig gewesen, die Sicherheit der Stadt könne nicht mehr gewährleistet werden. Daraufhin hatte die Human Rights Front, eine der Organisationen der Pro-Demokraten die Proteste tatsächlich abgesagt. Man wolle Sorge tragen, dass niemand die rechtlichen Konsequenzen für eine Teilnahme tragen müssen, lautete deren Begründung.

Der Protest der Demokratiebewegung geht inzwischen in den dritten Monat. Entzündet hatte sich der Konflikt an einem Gesetz, dass es ermöglicht hätte, Hongkonger Bürger auf den bloßen Verdacht einer Straftat in die Volksrepublik auszuweisen. Hongkong war bis 1997 eine britische Kronkolonie, hat seit der Übergabe an China aber einen Sonderstatus, der den Bürgern Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie eine unabhängige Justiz garantiert. Auch sieht die völkerrechtliche Vereinbarung vor, dass Hongkong für 50 weitere Jahre autonom regiert wird und die kommunistische Führung sich nicht in innenpolitische Belange einmischt. Viele Hongkonger sehen diesen Status zunehmend untergraben. Der Protest richtet sich daher längst auch gegen die kommunistische Führung in Peking.

Weil die Hongkonger Behörden am Freitag mindestens drei der prominentesten Aktivist*innen, darunter den jungen Joshua Wong sowie drei Abgeordnete des Hongkonger Parlaments aus dem prodemokratischen Lager, zeitweise festnahmen, schürten Hongkongs Behörden die Wut vieler Bürger auf sie zusätzlich.

Trotz der Verbote zogen am Samstag erneut mehrere Zehntausend Menschen durch die Straße. Unter dem Motto »Seid wie Wasser« hatten die Aktivist*innen in Anlehnung an Hongkongs Kung-Fu-Legende Bruce Lee dazu aufgerufen, flexibel an verschiedenen Orten der Stadt zu Kundgebungen zusammenzukommen.

Zudem beteiligten sich einige Tausend Demonstranten an einem Marsch für Demokratie von christlichen Gruppen. Diese können sich in Hongkong auf das Recht der freien Religionsausübung berufen und mussten ihre Demonstration nicht genehmigen lassen.

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