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Polizei testet Drohnen
Unbemannte Fluggeräte sollen vermehrt bei der Verbrechensbekämpfung eingesetzt werden
Eine Haube im satten Blau glänzt im Licht. Unter ihr quellen die Kabel heraus, es sind Batterien zu sehen, drei grüne Lampen leuchten. Auf ihr steht in kleinen weißen Buchstaben »Polizei«. Eine Computerstimme gibt einen Funktionstest durch. Perspektivwechsel. Mehr vom Gerät wird sichtbar. Unter dem Gewirr an technischem Gerät hängt auch noch eine Kamera. An der oberen Abdeckung sind acht Arme befestigt mit jeweils einem Propeller. Sie beginnen sich zu drehen und prompt hebt das Ungetüm aus Plastik und Verkabelung ab – gesteuert mit einer Fernbedienung.
So wie in diesem Video der Polizei soll bald polizeilicher Alltag aussehen, jedenfalls wenn man der Selbstinszenierung der Behörde folgt. Die Berliner Direktion Einsatz traf sich Anfang dieser Woche zu einem fachlichen Austausch mit anderen Länderpolizeien, Vertreter*innen aus Politik sowie den relevanten Behörden, um über den Einsatz von Drohnen zur Unterstützung der Polizei zu diskutieren. Dabei sollte gezeigt werden, »wie Drohnentechnologie die Arbeit der Polizei nachhaltig verändert und welche taktischen Möglichkeiten sie bietet«, schreibt die Polizei Berlin auf Twitter. Explizite Ergebnisse wurden allerdings nicht veröffentlicht.
Die Pressestelle erklärt auf Nachfrage des »nd«, dass es sich um eine interne Veranstaltung handelte. Das Thema »Drohnen« sei jedenfalls schon länger präsent bei den Polizeibehörden. Meist jedoch im negativen Sinne: Die Fluggeräte werden von Touristen zum Fotografieren in Flugverbotszonen gesteuert wie beispielsweise am Brandenburger Tor – die Behörde drehte daraufhin einen eigenen Clip, der über dieses Problem aufklären soll. Bei den Festlichkeiten zum 3. Oktober 2018 in Berlin befasste man sich erstmals in deutlich größerem Ausmaß mit der Gefährdung durch Drohnen: Expert*innen des Gebiets aus der ganzen Republik wurden damals hinzugezogen, um den Luftraum zu sichern. Auch Terrorist*innen könnten Drohnen benutzen. Deswegen wurde im Nachgang des Anschlags auf den Breitscheidplatz ein besonderes Augenmerk auf die Ausrüstung der Polizei gesetzt.
Jetzt soll das vorgeblich bedrohliche Objekt in der Hand der Sicherheitsbehörden bei der Kriminalitätsbekämpfung helfen. Auf einem aktuellen Foto der Berliner Polizei sieht man Beamt*innen mit großen Gewehren in der Hand und in Kampfmontur, bei Twitter schreibt die Polizei dazu, der Hauptakteur bei dieser Übung befinde sich jedoch in der Luft – es fliegt eine Drohne über die Köpfen hinweg. Arbeitet die Polizei nun also auch im aktiven Einsatz mit dem Fluggerät? Die Einsatzmöglichkeiten sind definitiv vielseitig. In dieser Übung soll eine Festnahme geprobt werden. Ob nun bei jeder Vollstreckung eines Haftbefehls unbemannte Luftunterstützung angefordert wird, ist indes fragwürdig. Wo die Messlatte für einen Einsatz der mit Kameras ausgerüsteten Flugobjekte liegt, ist unklar.
»Das bestätigt unsere Befürchtungen«, sagt Matthias Monroy zu »nd«. Er ist Mitarbeiter der Linkspartei im Bundestag sowie Redakteur der Zeitschrift »Bürgerrechte&Polizei/ CILIP«. Dass die Drohnen auch irgendwann für die Echtzeitüberwachung bei Straftaten eingesetzt werden, war für ihn abzusehen. Seit der Ersterprobung 2008 in Sachsen sei immer wieder das breite Potenzial der Fluggeräte dargestellt worden. »Defacto ist die Drohne dann bei Versammlungen und Fußballspielen eingesetzt worden«, sagt Monroy. Politische Bewegungen und Fußballfans seien also bisher am häufigsten ins Visier der mobilen Kameras geraten. Auch das Land Niedersachsen habe angekündigt, Drohnen bei den Castor-Protesten zu verwenden, tat das auch, allerdings wohl nicht direkt über Versammlungen.
Bei der späteren Einführung in Berlin sei dann der Einsatz bei der Mordkommission und im Verkehrsbereich angekündigt worden. »Da ist jetzt überhaupt nichts gegen einzuwenden«, betont Monroy. Für Tatortfotos aus der Luft sei die Technik sicherlich prädestiniert. Aber sie ebne auch den Weg zu einer neuen Dimension der Kameraüberwachung. Stationären Kameras könne man ausweichen, einer fliegenden Drohne nicht. Letztere sei unberechenbar. »Man kann sich der Überwachung weniger entziehen«, befürchtet der Bürgerrechtsaktivist. Er wünscht sich eine Nutzung ausschließlich für nachträgliche Aufklärung, nicht im aktiven Einsatz – möglichst auch per Gesetz.
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