- Politik
- Neue Regierung
Italiens Regierung steht
Neue Koalition aus Sozialdemokraten und Fünf-Sterne-Bewegung gilt als EU-freundlich
Nach einer mehrstündigen Sitzung von Fünf-Sterne-Bewegung (M5S), Sozialdemokraten (PD) und Linken der »Liberi e uguali« (Frei und gleich, Leu) hat sich die neue Koalition in Italien am Mittwochvormittag auf eine Personalliste sowie ein gemeinsames Regierungsprogramm geeinigt. Damit dürfte die politische Krise in Rom erst einmal behoben sein: Die Börse goutierte den Abschluss, Mailand schloss am Mittag im Positiven. Der Zinsunterschied zwischen bundesdeutschen und italienischen Staatsanleihen, Spread geheißen, war mit unter 150 Punkten so niedrig wie schon lange nicht mehr.
Der designierte Premier Giuseppe Conte begab sich am Mittwoch zum Quirinalspalast des Staatspräsidenten Sergio Mattarella. Am Nachmittag wurde bekannt, dass der Fünf-Sterne-Chef und bisherige Wirtschaftsminister Luigi Di Maio das Außenamt übernehmen soll. Der Sozialdemokrat Roberto Gualtieri ist als Wirtschafts- und Finanzminister vorgesehen. Er ist bisher Abgeordneter im EU-Parlament und dort Vorsitzender des Wirtschafts- und Währungsausschusses. Auf dem Innenministerposten des Lega-Chefs Matteo Salvini folgt Luciana Lamorgese, frühere Mailänder Präfektin.
Noch am Dienstag schwankten die Hoffnungen, die Regierungskrise könnte behoben werden. M5S hatte online zur Basisabstimmung aufgerufen. Nach Angaben der Parteiführung haben sich mehr als 70 Prozent der eingeschriebenen Mitglieder an der Abstimmung beteiligt. Und mit 79 Prozent Zustimmung zur neuen Koalition fiel das Ergebnis positiv aus. Somit war der Weg frei zur Regierungsbildung.
Lega-Chef Matteo Salvini, Initiator und Verlierer der gerade überstandenen Regierungskrise, kommentierte wütend die getroffene Übereinkunft zwischen M5S und PD. Auf seiner Facebook-Seite wetterte der Rechtspopulist, die neue Regierung sei nur eine, deren Minister an ihren Sesseln klebten und denen die Funktionen wichtiger seien als die Sachfragen und Probleme, die Italien zu lösen habe. »Signor Conte«, angetreten als »Advokat des Volkes«, sei nun nur noch ein Anwalt der Mächtigen, gesteuert von Berlin und Paris. Der »von Merkel ferngesteuerte Conte« präsentiere eine den EU-Spitzen gefällige Ministerriege, die einen »blauen Aufkleber wie eine Chiquita-Banane« bekämen. An seinen bisherigen Koalitionspartner Luigi Di Maio (M5S) gewandt, erklärte Salvini: »Du hast deine Seele für einen Sessel verkauft!«
Die neue Regierung wird sich offen der EU zugewandt zeigen. Italien werde jetzt wieder zu einem Protagonisten in Europa, sagte PD-Chef Nicola Zingaretti. Der »unglaubliche Rückgang des Spreads« mache sich bereits in der Tasche der Italiener bemerkbar. Positiv fielen auch die Reaktionen aus Brüssel aus. »Die Eurozone bekommt jetzt in Italien wieder einen verlässlicheren Partner«, sagte der EU-Abgeordnete Sven Giegold (Grüne). Wirtschaftsminister Gualtieri könne »eine Zeitenwende in Italiens Finanzpolitik einleiten«.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.