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Die Basis bastelt an Schwarz-Blau
CDU und AfD arbeiten in sächsischen Stadträten trotz Abgrenzungsbeschluss zusammen
In Sachsen wird nach der Landtagswahl über ein Bündnis aus CDU, Grünen und SPD verhandelt. Die Beteiligten wissen, dass sie ein dickes Brett bohren. Die Kenia-Koalition sei eine »harte Nuss«, sagte Katja Meier, Unterhändlerin der Grünen, in einem Interview der »Sächsischen Zeitung«. Aufschlussreich ist ihre Begründung. Meier nennt nicht die Differenzen etwa bei Kohle oder Polizeigesetz. Sie mache nachdenklich, »wo gerade die CDU mit der AfD in der Kommunalpolitik zusammenarbeitet«.
Im Freistaat haben sich in den vergangenen Wochen Stadt- und Gemeinderäte sowie Kreistage konstituiert, die im Mai gewählt worden waren. In diesen ersten Sitzungen werden Ausschüsse besetzt und Mandate an kommunalen Firmen vergeben. Gleich in mehreren Fällen kam es dabei zu aufschlussreichen Allianzen. In Zwickau zog die CDU ihren eigenen Kandidaten für den Verwaltungsrat der Sparkasse zurück, damit ein AfD-Mann gewählt wird. In Pirna sprachen sich CDU, AfD, Freie Wähler und die Fraktion »Pirna kann mehr« vorab über die Verteilung von Posten ab - zulasten von LINKE, SPD und Grünen. Die Lokalzeitung nannte dies eine »Machtdemonstration«. In Radebeul boten laut einem grünen Stadtrat CDU, Freie Wähler und FDP der AfD »Zusammenarbeit« an.
Das soll es eigentlich nicht geben. Die Bundes-CDU hat per Beschluss jede Zusammenarbeit ausgeschlossen; CSU-Chef Markus Söder präzisierte, man werde nicht einmal zusammen Kaffee trinken. Der sächsische Landeschef Michael Kretschmer versicherte im Wahlkampf mantraartig, es werde kein Bündnis mit der AfD geben. Generalsekretär Alexander Dierks sagt, das wäre ein »Fall von politischem Stockholm-Syndrom«.
Allerdings scheint diese Störung in der Landespartei verbreitet zu sein. In Zwickau habe man die bundespolitische Vorgabe gleich in der ersten Ratssitzung »über Bord geworfen«, wunderte sich die lokale »Freie Presse« und zitiert die halbherzige Entschuldigung des Chefs der CDU-Ratsfraktion: Die Vorgabe laute, sich nicht Themen der AfD anzuschließen, »aber hier geht es nicht um Themen«.
Bemerkenswert ist, dass der Hang zu schwarz-blauer Harmonie auch in der politischen Heimat von Kretschmer und Dierks ausgeprägt ist. Ersterer kommt aus Görlitz. Dort verhalfen Teile der CDU-Fraktion einem AfD-Mann zu einem Sitz im Ausschuss für Umwelt und Ordnung - der als Waffennarr und Fan der Identitären Bewegung gilt. Die Grünen-Landtagsabgeordnete Franziska Schubert bescheinigte der CDU angesichts der Unbotmäßigkeit ihrer Basis gegenüber der Abgrenzungspolitik in Land und Bund »Führungsschwäche auf allen Ebenen«. Die Allianz von CDU und AfD in Görlitz ist um so bemerkenswerter, als sich beide Parteien unlängst bei der OB-Wahl ein Duell lieferten. CDU-Mann Octavian Ursu gewann dies nur, weil Schubert ihre Kandidatur in Runde zwei zurückzog und Grüne, etliche Wählervereinigungen und die LINKE zur Wahl Ursus rieten. Dankbarkeit? Fehlanzeige. Statt dessen, sagen LINKE und Grüne, werde auch in Görlitz ein CDU-interner »Machtkampf« über die Frage ausgetragen, wie man es mit der AfD hält.
Ein klares Signal dazu kommt auch aus Dierks’ Heimat Chemnitz. Dort wurde im Stadtrat der Jugendhilfeausschuss ausschließlich mit Konservativen besetzt, die jeweils 32 Stimmen erhielten. CDU, AfD, FDP und die rechtsextreme Bewegung Pro Chemnitz stellen zusammen 33 Abgeordnete. AfD-Stadtrat Lars Franke frohlockte nach der Abstimmung, es sei »gut, dass die konservativen demokratischen Kräfte« im Rat »konspirativ und nicht gegeneinander arbeiten«. Das Alternative Jugendzentrum AJZ, über dessen Förderung der Jugendhilfeausschuss maßgeblich mitbefindet, stellte dagegen fest, die Frage, ob sich »die konservativen von den reaktionär-faschistischen Fraktionen des Stadtrats abgrenzen«, stelle sich seit der Wahl der Ausschüsse »nicht mehr«. Man fürchte nun eine Streichung oder Kürzung von Geldern für Einrichtungen »jenseits des rechts-konservativen Spektrums«.
Zudem fürchtet mancher, dass die lokalen Kooperationen künftig auch im Land Schule machen. Man glaube nicht, dass Kretschmers Absage an die AfD »im Großen gilt, wenn es im Kleinen eine andere Realität gibt«, erklärten Stadträte der Görlitzer LINKEN und Grünen. LINKE-Stadtrat Mirko Schultze konstatiert nüchtern: »Schwarz-Blau wächst von unten.«
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