Wilderer sollen vor Gericht
»Regensburger Erklärung«: Umweltverbände fordern härteres Vorgehen
Es ist eine seltsame Tat, die seit Donnerstag vor dem Amtsgericht Cham im Bayerischen Wald verhandelt wird. Beschuldigt ist ein 53-jähriger Jäger aus Lohberg. Die Staatsanwaltschaft Regensburg wirft ihm vor, in der Region Lamer Winkel mit einer Falle Luchsen nachgestellt zu haben. In der Zeit zwischen Juni 2014 und September 2016 soll er einen Luchs gefangen und erschossen haben. Außerdem soll der Mann vor Zeugen mit weiteren Wildereien geprahlt haben. Luchse sind streng geschützte Tiere, das Töten eines Luchses kann mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden. Vor allem unter Jägern sind sie nicht immer wohlgelitten. Viele glauben, dass die Raubtiere ihnen die Rehe wegjagen.
Für Eric Imm, Referent für Naturschutz beim Bayerischen Jagdverband, aber ist klar: »Die gesellschaftliche Einschätzung von Wilderei-Delikten hat sich unter den Vorzeichen des weltweiten Artensterbens gewandelt.« Darum sei es umso wichtiger, dass Ermittlungen der Polizei in Sachen Wilderei endlich zu Prozessen und gegebenenfalls auch zu Verurteilungen führten. »Unser Anliegen ist es, Polizei, Staatsanwälte und Richter auf diesem Weg zu ermutigen und zu unterstützen«, so Imm weiter. Das geschah nun in Zusammenarbeit mit dem Landesbund für Vogelschutz (LBV) und der Umweltorganisation WWF Deutschland; gefordert wird von der bayerischen Landesregierung ein »Aktionsplan Wilderei«.
Die Verbände veröffentlichten am Mittwoch eine »Regensburger Erklärung gegen Wilderei und Artenschutzkriminalität«. Sie fordern darin eine Anti-Wilderei-Offensive der bayerischen Behörden sowie die zentrale Dokumentation und Veröffentlichung aller Artenschutzdelikte. Auch deren Hintergründe und anschließende Strafverfahren sollen offengelegt werden. In dem Papier heißt es: »Die illegale Tötung streng geschützter Wildtiere ist kein Kavaliersdelikt. Diese Straftaten müssen konsequent verfolgt werden. Ein eindeutiges Signal durch das Innen- und Justizministerium ist dringend erforderlich, damit Wilderei immer als gravierendes Problem mit entsprechendem Handlungsdruck wahrgenommen wird.«
Andreas von Lindeiner, Landesfachbeauftragter beim LBV, appelliert an die Bevölkerung: »Das Vorgehen beim Auffinden von getöteten Individuen streng geschützter Wildtierarten muss standardisiert werden.« So müssten behördliche Handlungsvorgaben konsequent umgesetzt werden, damit Fälle von Naturschutzkriminalität aufgeklärt werden können. »Hierzu ist die Unterstützung aus der Bevölkerung durch Hinweise auf solche Straftaten ganz entscheidend«, bemerkt Lindeiner. Für eine konsequente Strafverfolgung müssten die bayerischen Behörden Haushaltsbudgets, Personalkapazitäten und klare Strukturen schaffen. Dazu gehöre auch, eine Datei zu Jagdwilderei beim Landeskriminalamt anzulegen. Wichtig sei zudem, in der Kriminologie und Forensik Standardverfahren zur Datenaufnahme vor Ort zu entwickeln und anzuwenden. Außerdem solle Artenschutzkriminalität einen größeren Anteil in der Aus- und Weiterbildung von Polizei- und Justizbeamten einnehmen.
Doch nicht nur Behörden, auch die Bevölkerung solle eingebunden werden. Ein »gesellschaftliches Klima des Schweigens«, das Wilderei und Artenschutzkriminalität als normal akzeptiere, dürfe es nicht geben. Hierzu sagt Diana Pretzell, Leiterin Biodiversitätspolitiken beim WWF Deutschland: »Wilderei ist nicht nur ein Problem für Länder mit exotischen Tieren. Auch vor unserer Haustür wird gewildert.« Wolf, Luchs, Fischotter, Biber und Greifvögel lebten laut der Expertin vom WWF gefährlich in Deutschland und Wilderei gehöre zu ihren häufigsten nicht natürlichen Todesursachen. Die Aufklärungsrate sei zu gering, die Datenlage schlecht. Auch Pretzell fordert deshalb: Wilderei muss als ernst zu nehmend und kriminell erkannt werden.
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