Der doppelte Czaja

Sebastian Czaja (FDP) ist Mitglied im BER-Untersuchungsausschuss und arbeitet gleichzeitig für eine Baufirma beim BER. Für Carsten Schatz (LINKE) ein eindeutiger Interessenkonflikt.

  • Carsten Schatz
  • Lesedauer: 3 Min.

Im Sommer 2018 hat das Abgeordnetenhaus auf Antrag der Fraktionen von CDU und FDP einen weiteren Untersuchungsausschuss zu Kostensteigerungen und Terminverzügen auf der BER-Baustelle eingesetzt. Damit verband insbesondere der Fraktionsvorsitzende der FDP, Sebastian Czaja, die Absicht, den Streit über die Schließung des Flughafens Tegel fortführen zu können. Daher ließ er es sich auch nicht nehmen, als Obmann seiner Fraktion in den Untersuchungsausschuss einzuziehen und großspurig anzukündigen, dass mit ihm nun alle Karten auf den Tisch kämen. Doch seit der Einsetzung des Ausschusses hat Czaja mehrfach gezeigt, dass er mit den Regeln eines solchen Gremiums entweder nicht vertraut ist oder - noch schlimmer - sich bewusst darüber hinwegzusetzen bereit ist.

Bereits bei der Einsetzung des Ausschusses hatte er angekündigt, die grundsätzlich nicht öffentlich zugänglichen Unterlagen des Gremiums unerlaubterweise für eine Klage gegen den Senat nutzen zu wollen. Diese sollte die Entscheidung anfechten, trotz des Volksentscheids zum Flughafen Tegel an dessen Schließung festzuhalten. Dass Czaja bis heute keine Klage beim Landesverfassungsgericht eingereicht hat zeigt allerdings, dass es die von ihm vermuteten Verschleierungen des Senats so nicht gibt und es ihm mehr um das Generieren von Schlagzeilen als um Aufklärungsarbeit im Ausschuss ging.

Gegen Czaja steht unterdessen der Verdacht im Raum, die Vertraulichkeitsregeln des Untersuchungsausschusses und die Geheimhaltungspflichten des Abgeordnetenhauses verletzt zu haben. Dies soll im Zusammenhang mit einem zivilrechtlichen Verfahren geschehen sein, das der Geschäftsführer der Flughafengesellschaft, Engelbert Lütke Daldrup, gegen Czaja angestrengt hatte. Czaja hatte ihn ohne Beleg als »notorischen Lügner« bezeichnet. Aus Schriftwechseln der Senatsverwaltung für Finanzen und der Flughafengesellschaft geht hervor, dass Czajas Anwalt in besagtem Verfahren angab, Teile von Wortprotokollen des Ausschusses zu besitzen und diese vor Gericht verwenden zu wollen. Die Weitergabe von Wortprotokollen eines Untersuchungsausschusses ist aber, bevor dieser sein Verfahren beendet hat, nicht ohne weiteres erlaubt und kann einen Straftatbestand darstellen. Den Verdacht gegen sich konnte Czaja bisher nicht entkräften. Stattdessen verlangt er jetzt sogar vom Ausschuss die Herausgabe der Wortprotokolle, um sich ein mögliches Fehlverhalten nachträglich vom Ausschuss legitimieren zu lassen. Und dies alles nur, um einen privaten Rechtsstreit zu überstehen, der mit seiner Ausschussarbeit rein gar nichts zu tun hat. Das ist dreist. Umso wichtiger ist es, dass eine unabhängige Aufklärung der Vorwürfe durch die Staatsanwaltschaft stattfindet.

Noch ein weiterer Umstand könnte sich als äußerst pikant erweisen: Czaja war von 2013 bis 2016 als Leiter der Projektentwicklung beim Unternehmen beton & rohrbau 2.0 beschäftigt. Noch heute ist er dort Projektentwickler. Die Firma gab unlängst auf ihrer Homepage bekannt, dass sie am 23. August dieses Jahres den Zuschlag für Bauleistungen am BER bekommen hat. Auf meine mündliche Anfrage in der Plenarsitzung antwortete Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD), dass die beton & rohrbau noch weitere Aufträge von der Flughafengesellschaft bekommen habe. Dass die Vorgängerfirma - die Beton & Rohrbau C.F.-Thymian - beim Bau des Flughafens seit 2008 involviert war, ist schon seit Beginn des Untersuchungsausschusses bekannt. Neu ist, dass die Nachfolge-Firma, bei der Czaja tätig ist, auch innerhalb des Untersuchungszeitraumes des jetzigen Untersuchungsausschusses am BER tätig war und immer noch ist. Als Mitglied des Untersuchungsausschusses hat Sebastian Czaja über dessen Aktenfundus Zugriff auf Interna der Flughafengesellschaft. Dazu gehören auch Verträge zwischen der Flughafengesellschaft und weiteren Unternehmen sowie Ausschreibungsunterlagen.

Der Projektentwickler Czaja arbeitet also für eine Firma, die Aufträge von der Flughafengesellschaft ausführt, während das Untersuchungsausschussmitglied Czaja Einblick in deren Vergabepraxis nimmt. Diese Doppelrolle Czajas stellt einen massiven Interessenkonflikt dar.

Die FDP-Fraktion sollte sich gut überlegen, ob sie einen Abgeordneten in solch einer Gemengelage weiterhin im Untersuchungsausschuss belassen will. Die Linksfraktion jedenfalls wird sich im Rahmen der Ausschussarbeit mit den Hintergründen der Aufträge an die beton & rohrbau befassen. Wir werden sehen, was ein dann vorgeladener Zeuge Czaja zur Sachverhaltsaufklärung beitragen kann.

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