- Politik
- Einmarsch in Rojava
Kölns Polizei und die Angst vor den Kurden
Behörden prüfen ein Verbot der morgigen Rojava-Solidaritätsdemonstration
Es ist ein ungewöhnlicher Vorgang, für eine Demonstration. Für 17 Uhr lud die Kölner Polizei zu einer Pressekonferenz im Zusammenhang mit der morgigen Großdemonstration gegen den türkischen Einmarsch in Rojava ein. Der Kölner Polizeipräsident Uwe Jacob sprach davon, dass eine ungewöhnliche Lage die Polizei dazu zwinge. Man wolle die Bevölkerung über eine neue Lage informieren. In den Mittagsstunden habe man »Erkenntnisse anderer Sicherheitsbehörden« aus Bund und Land erhalten. Es werde europaweit zu der Großdemonstration aufgerufen und man rechne mit über 20.000 Teilnehmern. Darunter seien mehrere tausend Jugendliche, die »vor Gewalt nicht zurückschrecken«, so der Polizeipräsident. Auch sei das Zeigen von Symbolen der verbotenen PKK geplant. Auch türkische Nationalisten mobilisierten junge, gewaltbereite Menschen nach Köln. Die neuen Erkenntnisse versetzten die Polizei in große Sorge. Jacob betonte, ein Verbot der Demonstration weiterhin zu prüfen und erklärte, die sei bis zum Beginn der Demonstration möglich.
Es ist nicht das erste Mal, dass eine kurdische Veranstaltung Opfer von harten Entscheidungen der Kölner Polizei zu werden droht. Im Sommer 2016 war es ein Trick, mit dem der damalige Polizeipräsident Jürgen Mathies, der mittlerweile zum Staatssekretär im NRW-Innenministerium aufgestiegen ist, eine kurdisches Kulturfestival fast verhindert hätte. Der Polizeipräsident riet der Betreibergesellschaft des Müngersdorfer Stadions, einen Vertrag über die Ausrichtung des Festes nicht zu unterschreiben. Die Betreibergesellschaft, eine Tochter der Stadt, kam dem Wunsch der Polizei nach. Die kurdischen Demonstranten mussten umplanen und konnten eine Kundgebung am Rheinufer veranstalten. Diese allerdings unter schwerer Bewachung der Polizei, die neben Wasserwerfern sogar Scharfschützen postiert hatte.
Auch in den folgenden Jahren gab es immer wieder fragwürdige Einsätze rund um kurdische Kundgebungen. Als die Türkei im Frühjahr 2018 eine Offensive im nordsyrischen Kanton Afrin durchführte, wurde in Köln sogar eine Demonstration mit annähernd 20.000 Teilnehmern aufgelöst. Der bizarre Grund: Bei der Demonstration wurden Fahnen mit dem Gesicht des inhaftierten PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan gezeigt. Öcalans Gesicht käme einem Bekenntnis zu der verbotenen Partei gleich, so die Meinung deutscher Sicherheitsbehörden.
Gut einem Monat später der nächste Schlag gegen linke Kurden in Köln. Dem Verband »Nav-Dem« wurde eine Demonstration verboten. Die Begründung hat wieder mit der PKK zu tun. Im Bundesinnenministerium wurde der eingetragene Verein als Nachfolgeorganisation der PKK bewertet. Als solcher habe er sein Demonstrationsrecht verwirkt, so die Einschätzung der Kölner Polizei. Ein offizielles Verbot des kurdischen Vereins erfolgte übrigens bis heute nicht.
Dass es am Samstag zu Ausschreitungen kommt, scheint bei der Polizei fest eingeplant zu sein. Bei der Pressekonferenz betonte Einsatzleiter Klaus Rüschenschmidt, dass man in Kontakt mit anderen Bundesländern sei, um noch weitere Einsatzkräfte nach Köln zu beordern. Schon jetzt plane man mit vier Wasserwerfern. Auch »Spezialeinheiten« seien vor Ort. Rüschenschmidt erklärte, er »hoffe«, dass die nicht zum Einsatz kommen müssten, »fürchte« aber dass dies notwendig werde. An die Demonstrationsveranstalter vom Bündnis »Köln gegen Rechts« und der »Interventionistischen Linken« appellierte er, zu »prüfen«, ob sie die Verantwortung, solche Demonstrationen zu veranstalten, wirklich tragen könnten.
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