Granny for Future

»Terminator: Dark Fate« knüpft an den verhinderten »Judgement Day« von 1991 an und setzt auf bewährtes Personal

  • Jörn Schulz
  • Lesedauer: 5 Min.

Der vulkanische Wissenschaftsrat hat beschlossen, dass Zeitreisen unmöglich sind. Wenn etwa ein Mann in die Vergangenheit reist, um eine Frau zu retten, deren noch nicht geborener Sohn in der Zukunft eine sehr wichtige Rolle spielen wird, und bei dieser Gelegenheit den Sohn erst zeugt, wird dem Kausalitätsprinzip schwindelig. Zeitreisen sind eine Zumutung für logisch denkende Menschen, und Vulkanier sind sehr logisch denkende Menschen. Aber in einem anderen, dem Star-Trek-Universum, das im Übrigen den Beschlüssen des vulkanischen Wissenschaftsrats nicht folgt und Zeitreisen zulässt.

In der Science-Fiction ist das nicht nur legitim, weil es ungewöhnliche und überraschende Erzählungen möglich macht. Gerade das Paradoxon der Zeitreise erlaubt es, manches aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Sind wir für ungewollte Folgen unserer Handlungen verantwortlich, wenn wir einfach nur unseren Job erledigen wie alle anderen auch, aber doch ahnen könnten, dass es kein gutes Ende nehmen wird? Gestalten wir unsere Zukunft wirklich selbst, wie wir gerne glauben wollen, oder bleibt, wie sehr wir uns auch abstrampeln oder aus großkalibrigen Waffen um uns schießen mögen, am Ende doch alles auf dem Gleis, das ins Desaster führt?

Der erste »Terminator« - ein Mann reist in die Vergangenheit, um eine Frau vor einem Killerroboter zu retten, weil deren noch nicht geborener Sohn in der Zukunft eine sehr wichtige Rolle spielen wird - war eine ungewöhnliche und überraschende Erzählung, atemlos, beklemmend und in düsterer Optik gehalten. »Terminator 2 - Judgement Day« wartete mit einer reflektierteren Story auf. Ist der »Tag der Abrechnung« eine zwangsläufige Folge des Weges, den die menschliche Zivilisation nimmt? Wie weit darf man gehen, um einen Atomkrieg zu verhindern?

Sarah Connor (Linda Hamilton), bereits im ersten Teil von der Kellnerin zur Kriegerin geworden, macht dem Kausalitätsprinzip folgend Jagd auf Miles Bennett Dyson, den zukünftigen Erfinder von Skynet, der künstlichen Intelligenz, die der Menschheit den Krieg erklären wird. Dyson wendet gegen seine Ermordung nicht ganz zu Unrecht ein, es sei nicht fair, ihn für etwas zu bestrafen, das er noch gar nicht getan hat, merkt aber, dass seine Arbeit für den Rüstungskonzern Cyberdyne wohl nicht die ethisch beste Karrierewahl war. Gemeinsam findet man dann eine elegantere und pyrotechnisch eindrucksvollere Lösung.

Gemeinsam auch mit einem Terminator, seit »Judgement Day« haben wir es immer mit einer »guten« und einer »bösen« Version zu tun. Arnold Schwarzenegger tritt als eher rustikaler T-800 gegen sozusagen postmoderne, weiter entwickelte Modelle an, die sich verflüssigen, ihre Gestalt verändern und jede Identität annehmen können. Die künstliche Intelligenz ist in der Science-Fiction der Spiegel der menschlichen Intelligenz, oft so etwas wie eine Prüfung vermeintlicher menschlicher Individualität. Ist so ein Killerroboter am Ende auch nur ein Mensch wie du und ich? Womöglich gar ein besserer, weil es den Menschen noch schwerer fällt als den Maschinen, sich von ihrer Programmierung zu befreien?

»No Fate«, war, geritzt in einen Holztisch, Sarah Connors Botschaft - 1991, als die Gefahr eines globalen Atomkriegs gebannt schien, und man unter dem »Ende der Geschichte« ein Leben in Frieden und Wohlstand verstehen wollte. Der Optimismus hielt nicht lange, ohnehin musste man diese Botschaft für den dritten Teil (»Rebellion der Maschinen«) konterkarieren, dem noch zwei Sequels folgten. Nun also: »Dark Fate«, dunkles Schicksal. Der Film knüpft an »Terminator 2« an, die Sequels 3 bis 5 haben nun nicht stattgefunden. Wir danken dem Kausalitätsprinzip für sein Verständnis.

Die Idee ist ja an sich gut, als erzählerisch stärkster Film der Reihe hätte »Judgement Day« interessante Anknüpfungspunkte geboten. Doch im Universum der Filmindustrie folgt man nicht vulkanischer, sondern geschäftlicher Logik. Ein weiteres Sequel verspricht Profit ohne Risiko, vor allem wenn man auf die altbewährten Figuren zurückgreift. Dafür war nicht mehr allzu viel Zeit, denn Schwarzenegger hat die 70 überschritten und Hamilton die 60. Wieder mit dabei ist auch James Cameron, 65, Regisseur von Terminator 1 und 2, als einer der Drehbuchautoren und Produzent.

Es hätte klappen können, wenn man sich mit der Story etwas mehr Mühe gegeben und die eingestreuten originelleren Ideen weiterentwickelt hätte. Bereits die Besetzung verrät ja einen erheblichen Teil des Plots. Ein wenig modernisiert wurde die Saga. Der Job, die Menschheit der Zukunft zu retten und deshalb in der Gegenwart von einem Terminator verfolgt zu werden, fällt nun einer mexikanischen Fabrikarbeiterin (Natalia Reyes als Daniela »Dani« Ramos) zu, deren Arbeitsplatz von einem Industrieroboter eingenommen zu werden droht. Moderne Überwachungstechnologie spielt beim Verstecken und Verfolgen eine wichtige Rolle. Die Frage, warum trotz der Abwendung des »Judgement Day« wieder Terminatoren auftauchen, wird dann aber in einer kurzen Randbemerkung lapidar abgehakt.

Das Schießen übernehmen nun in weiten Strecken drei Frauen, genauer gesagt zwei Frauen und ein weiblicher Cyborg, Grace (Mackenzie Davis). Deren Verwandlung in eine Kampfmaschine hat Nebenwirkungen, die sie verwundbar machen, aber nur Anlass für weitere Actionszenen sind. Die Psychodynamik des Trios bleibt oberflächlich und kommt kaum über die Auseinandersetzung Danis mit ihrer ungewollten Rolle als Retterin der Zukunft hinaus. Auch die Rolle Schwarzeneggers, des guten, alten T-800, wird aus einer Andeutung in »Judgement Day« übernommen, aber nur ausgewalzt, nicht weiterentwickelt.

Nicht, dass man sich langweilen würde. »Dark Fate« bietet zwei Stunden rasante Action ohne Pathos, Kitsch und Peinlichkeiten, allerdings auch ohne neue Ideen, die im Gedächtnis haften bleiben würden. Und man vergleicht ja unwillkürlich. War die Kombination Terminator plus schwerer LKW in »Rebellion der Maschinen« nicht eindrucksvoller, als Killermaschine die quecksilbrige Kristanna Loken nicht cooler als der schwärzlich-zähflüssige Gabriel Luna?

Gewiss, man sieht die alten Bekannten gerne nochmal ballern. Und mit Linda Hamilton darf, nachdem die Figur der jungen Kriegerin fester Bestandteil des Action-Kinos geworden ist, nun wohl erstmals eine Kämpferin mit Falten als Granny for Future antreten. Auch die Botschaft ist zeitgemäß. Ob Mensch oder Maschine - im Kampf für die Zukunft kann es sich niemand leisten, in Rente zu gehen.

Terminator: Dark Fate. USA 2019, 128 Minuten. Regie: Tim Miller. Darsteller*innen: Linda Hamilton, Arnold Schwarzenegger, Mackenzie Davis, Natalia Reyes, Gabriel Luna.

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