- Politik
- Rechtsextremismus
Regierung will gegen rechten Hass im Netz vorgehen
Anbieter sozialer Medien im Internet sollen verpflichtet werden, Hasskriminalität an die Sicherheitsbehörden zu melden
Berlin. Mit schärferen Strafen, erweiterten Kompetenzen der Behörden und einer Meldepflicht für strafbare Inhalte im Internet will die Bundesregierung auf die rechte Gewalt der vergangenen Monate reagieren. Das Bundeskabinett will am Mittwochvormittag ein entsprechendes Maßnahmenpaket beschließen. Der Plan, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, sieht auch einen besseren Schutz für medizinisches Personal und Kommunalpolitiker vor.
Die Strafverfolgung von Hasskriminalität im Internet soll demnach in einer neuen Zentrale im Bundeskriminalamt (BKA) zusammenlaufen. Betreiber von Online-Plattformen sollen dieser Zentrale bestimmte strafbare Inhalte, etwa Morddrohungen und Volksverhetzung, sowie die zugehörigen IP-Adressen melden müssen. Die Bundesregierung will das BKA außerdem dazu berechtigen, Daten zu derartigen Inhalten bei den Anbietern abzufragen.
Das Kabinett spricht sich darüber hinaus für eine bessere Ausstattung der Strafverfolgungsbehörden und eine intensivere Zusammenarbeit von Polizei und Verfassungsschutz im Kampf gegen Rechtsextremismus aus. Konkrete Maßnahmen dazu enthält das Papier jedoch nicht. Zum Schutz von Hass bedrohter Menschen will das Kabinett das »Recht der Melderegister anpassen«. Welche Änderungen gemeint sind, geht aus dem Papier jedoch nicht hervor.
Besserer Schutz für Politiker
Kommunalpolitiker sollen außerdem dem gleichen besonderen Schutz vor Verleumdung und übler Nachrede unterstellt werden wie Landes- und Bundespolitiker. Auch Forderungen nach einem besseren Schutz von Sanitätern und medizinischem Personal finden sich in dem Papier: So sollen Angriffe gegen Sanitäter und Notärzte künftig wie Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte bestraft werden. Für Programme zur Demokratieförderung will das Kabinett mehr Geld ausgeben.
Neben der geplanten Verschärfung des Waffenrechts will das Kabinett eine Regelabfrage der Waffenbehörden beim Verfassungsschutz einführen. Die Behörden müssten dann bei jedem Waffenkauf abfragen, ob der Käufer beim Verfassungsschutz bekannt ist. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Thomas Haldenwang, hält das für sinnvoll. Das bisherige Verfahren biete keine Gewährleistung dafür, dass Extremisten nicht auf legalem Wege an Waffen gelangen.
Kritik von der Opposition
Die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, begrüßte die geplanten Maßnahmen grundsätzlich, forderte aber weitergehende Schritte. Ähnlich äußerte sich Fraktionskollegin Renate Künast, deren juristischer Kampf gegen Hass im Internet zuletzt Aufsehen erregt hatte. »Vieles bleibt leider weiter unklar, etwa die nicht unwichtigen Details einer Meldepflicht für Diensteanbieter«, sagte Künast der dpa. Das Paket komme spät und müsse nun »sorgfältig darauf abgeklopft werden, welche Maßnahmen tatsächlich wirken oder nur Symbolpolitik sind«.
Die FDP äußerte Zweifel an der Wirksamkeit. »Auch eine Anzeigepflicht für die Betreiber wird Hasskriminalität nicht effektiv bekämpfen«, sagte FDP-Innenexperte Benjamin Strasser. Das eigentliche Dilemma sei die geringe Verurteilungswahrscheinlichkeit bei angezeigten Fällen.
Thema im Kabinett ist unter anderem auch ein Gesetzentwurf zur beschleunigten Beschaffung im Bereich der Verteidigung und Sicherheit und zur Optimierung der Vergabestatistik. Nach einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland (Mittwoch) soll das Gesetz verlässlich regeln, bei welchen öffentlichen Aufträgen künftig Ausnahmen von der Pflicht zur europaweiten Ausschreibung greifen sollen, weil deutsche Sicherheitsinteressen betroffen sind. Wesentliche Sicherheitsinteressen könnten insbesondere dann berührt sein, »wenn ein öffentlicher Auftrag oder eine Konzession eine Technologie betrifft, die als verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologie eingestuft wird«, zitierte das RND aus dem ihm vorliegenden Gesetzentwurf. dpa/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.