- Politik
- Antifaschismus
Dresden ruft den »Nazinotstand« aus
Stadtrat will mit dem Beschluss von Grünen, LINKEN, SPD und FDP die demokratische Alltagskultur stärken
Dresden. Der Dresdner Stadtrat hat in der sächsischen Landeshauptstadt den »Nazinotstand« ausgerufen. In dem am Mittwochabend mehrheitlich verabschiedeten Beschluss argumentierten die Stadträte, dass »antidemokratische, antipluralistische, menschenfeindliche und rechtsextremistische Einstellungen und Taten bis hin zu Gewalt in Dresden immer stärker offen zu Tage treten«.
»Diese Stadt hat ein Problem mit Nazis«, sagte Stadtrat Max Aschenbach von der Satirepartei Die Partei in seiner Rede, auf deren Initiative der »Nazinotstand« zurückgeht. Aschenbach verwies unter anderem auf die Pegida-Bewegung und auf rassistische Angriffe. Zuvor hatten mehrere Medien berichtet. Die Stadt soll nach dem Beschluss künftig die demokratische Alltagskultur stärken und Minderheiten sowie Opfer rechter Gewalt besser schützen.
Der fraktionsübergreifende Antrag wurde mit 39 Ja-Stimmen gegen 29 Nein-Stimmen angenommen. Neben Grünen, LINKEN und SPD stimmte auch die FDP zu. Gleichzeitig übte FDP-Stadtrat Holger Hase aber Kritik an dem Begriff »Nazinotstand«. Ein solches Signal sei auch mit Blick auf die Kulturhauptstadtbewerbung kaum hilfreich. Auch andere Fraktionen stießen sich am Begriff »Nazinotstand«, der im Antrag zwar mit einem Fragezeichen versehen ist, aber dennoch prominent an erster Stelle steht. Die Freien Wähler erinnerten daran, dass Notstandsverordnungen demokratische Grundrechte einschränkten. Die CDU sprach von »reiner Symbolpolitik« und einem »sprachlichen Missgriff«.
Für den Verein RAA Sachsen, der sich vor allem um die Opfer rechter Gewalt kümmert, hat solch ein Stadtratsbeschluss zwar vor allem symbolischen Charakter. Geschäftsführer Robert Krusche begrüßte die Initiative dennoch. »Es ist schließlich nicht von der Hand zu weisen, dass Sachsen und auch Dresden ernsthafte Probleme mit Rechtsextremismus haben«, sagte RAA-Geschäftsführer Robert Krusche.
Allein 2018 zählte die Opferberatung in Dresden 60 rechtsmotivierte Gewaltstraftaten, im Jahr zuvor waren es 52. »Und das ist nur die Spitze des Eisberges«, so Krusche. Zahlreiche Opfer würden von Diskriminierung im Alltag berichten, die aber keinen Eingang in die Statistik fände.
Die bei der Kommunalwahl im Mai neu gewählten Dresdner Stadträte wollen den Angaben zufolge nun eine »Demokratie- und Beteiligungsoffensive« starten, um die Zivilgesellschaft zu stärken, für Demokratie zu werben und Rechtsextremismus entgegenzutreten. dpa/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.