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Inklusionspreis für Berliner Firmen

Ehrungen für vorbildliche Beschäftigung von Menschen mit Behinderung verliehen

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 4 Min.

»Es fehlt an Zutrauen«, sagt Franz Allert, scheidender Präsident des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) und Initiator des Berliner Inklusionspreises anlässlich der diesjährigen Preisverleihung des Preises am Montag im Roten Rathaus. »Ich wünsche mir mehr Mut bei der Verwaltung, der Wirtschaft, den Verbänden, bei den Personalverantwortlichen der großen Firmen und auch bei den Betroffenen mehr Selbstvertrauen«, fügt er hinzu. Von einem »Mentalitätswechsel« bei der Einstellung von Menschen mit Behinderung, so Allert, sei noch wenig zu spüren.

Anschließend zeichnet er zusammen mit dem Staatssekretär für Arbeit und Soziales, Alexander Fischer (LINKE), drei Firmen als vorbildliche Arbeitgeber*innen bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen aus. Sie erhielten den mit 10 000 Euro dotierten Landespreis. Erstmalig wurde ein Sonderpreis des LAGeSo vergeben.

In der Kategorie Kleinunternehmen wurde das Repro- und Werbezentrum Prenzlauer Berg GmbH ausgezeichnet. Fünf von zehn Mitarbeiter*innen der 1993 von Karin Meyer gegründeten Firma haben eine Behinderung. Aus Überzeugung öffnete Meyer von Beginn an die Türen ihres Betriebs für Langzeitarbeitslose und für schwerbehinderte Menschen. Sie tut das, obwohl das Repro- und Werbezentrum aufgrund der Betriebsgröße nach dem Sozialgesetzbuch keiner Pflicht zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen unterliegt.

Zur Preisverleihung sagt die bescheidene ältere Frau, die von zweien ihrer Mitarbeiter*innen begleitet wird: »Das habe ich aus der DDR so mitgenommen. Ich habe schon früher im Wohnungsbau mit Menschen zusammen gearbeitet, die Schwierigkeiten hatten.«

Ihr Mitarbeiter Marcel Guttzeit ist Autist. Er berichtet, wie schwer es ist, gegen Klischees anzukommen, die vor allem auf Nichtwissen basieren. »Ich bin ausdauernd und sehr motiviert und kann mich sehr vertiefen, dabei verliere ich manchmal auch den Überblick.«

In der Kategorie Mittelständische Unternehmen wurde die Grieneisen GBG Bestattungen GmbH prämiert. Am Berliner Standort des schon 1830 als Sargtischlerei Grieneisen gegründeten Unternehmens mit 180 Beschäftigten arbeiten 22 Menschen mit schweren Behinderungen - mit 12 Prozent liegt die Quote deutlich über der gesetzlichen Vorgabe von fünf Prozent.

Das Unternehmen, so Alexander Fischer in seiner Laudatio, sei auch deshalb besonders, weil es seinen Mitarbeiter*innen »geschützte Bereiche« anbiete: Es investiert in die Sicherung bestehender Beschäftigungsverhältnisse, ermöglicht Werkstattbeschäftigten der Union Sozialer Einrichtungen (USE) Praktika und stellt betriebsintegrierte Arbeitsplätze zur Verfügung, die den Übergang von einer Werkstatttätigkeit zum ersten Arbeitsmarkt ermöglichen. Geschäftsführer Olaf Dilge, der zusammen mit weiteren Mitarbeiter*innen den Preis entgegennimmt, formuliert das Motto von Grieneisen zu Inklusion: »Wir suchen gute Leute, egal woher sie kommen und wer sie sind, unsere Kraft ist Vielfalt und unser Antrieb Menschlichkeit.«

In der Kategorie Großunternehmen erhielt der landeseigene Krankenhausbetreiber Vivantes mit 16 000 Mitarbeiter*innen den Inklusionspreis 2019 - für eine Beschäftigtenquote von Menschen mit Behinderung von 8,6 Prozent. Menschen mit Schwerbehinderung arbeiten in nahezu allen Bereichen. Geschäftsführerin Corinna Jendges nennt als zentrale Elemente des Inklusionskonzepts unter anderem die Ausbildungsangebote und die Schwerbehindertenvertretung, die eng mit dem betrieblichen Gesundheitsmanagement zusammenarbeite. Man versuche immer, Mitarbeiter*innen, die erkranken, aufzufangen und weiter zu beschäftigen, ermögliche Weiterbildungen oder Umschulungen.

Der Sonderpreis des Landesamtes für Gesundheit und Soziales ging an die Humboldt-Universität zu Berlin (HU). Von 2263 Beschäftigten haben hier 146 eine Behinderung. Mit Unterstützung eines vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderten Projektes ist es der Universität gelungen, acht erwerbslose Akademiker*innen mit Behinderung zu qualifizieren und anschließend als wissenschaftliche Mitarbeiter*innen einzustellen. Die barrierefreien Webseiten der HU, so Fischer, könne man als »Leuchtturm« für Inklusion bezeichnen. Ludwig Kronthaler, Vizepräsident für Haushalt, Personal und Technik nahm die Auszeichnung entgegen.

Durch die Reden der Preisverleihung ziehen sich viele kritische Töne die das enge Verhältnis von Demokratie und Inklusion betonen. Gesellschaftlichen und politischen Kräften, die die Verächtlichmachung von Menschen bestärken, müsse man entschlossen entgegentreten, heißt es unter anderem.

Entschlossenheit anderer Art präsentiert der Rapper Graf Fidi, Inklusionsbotschafter der Aktion Mensch. »Behindert ist kein Synonym für Scheiße« laute eines seiner neuesten Projekte, erklärt der Musikkünstler. In seinem Song »Ackern« geht es um Arbeit: »Ich hab Bock zu ackern, damit meine ich nicht lochen und tackern«, rappt Graf Fidi im Wappensaal des Roten Rathauses.

Sozialsenatorin Elke Breitenbach (LINKE) erklärt: »Noch mehr Berliner Betriebe sollten den Beispielen folgen. Rund zehn Jahre nach dem Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention ist es für Menschen mit Behinderung immer noch sehr viel schwieriger, einen angemessenen Arbeitsplatz zu finden, als für Menschen ohne Behinderung«, so Breitenbach. Vorurteile ließen viele Unternehmen auf die Einstellung schwerbehinderter Menschen verzichten. Dabei gehe es darum, auf die Potenziale dieser Menschen zu setzen und ihnen damit eine selbstverständliche Teilhabe am Arbeitsleben und ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.

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