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NATO-Großmanöver zum Befreiungstag
Friedensbewegung kündigt Protest gegen Truppenaufmarsch zur Abschreckung Russlands an
Wie ist Ihr Resümee nach der Konferenz?
Mit fast 500 Teilnehmer*innen auf dem Eröffnungspodium konnten wir mehr Menschen als bei vorigen Friedensratschlägen erreichen. Uns war es gelungen, unterschiedliche Spektren der Friedensbewegung zusammen zu bringen. Als Rednerin sprach unter anderem Margot Käßmann, die für einen christlichen Pazifismus steht. Andrea Kocsis von der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di bekräftigte die gewerkschaftliche Forderungen nach Abrüstung.
Würden Sie das gestiegene Interesse für den Friedensratschlag auch als Anzeichen dafür interpretieren, dass wieder Menschen für antimilitaristische Themen ansprechbar sind?
Durchaus. Es gab beispielsweise vor Kurzem in Leipzig ein gut besuchtes Treffen zu dem Großmanöver »Defender 2020«. Dagegen beginnt sich bundesweit der Widerstand zu formieren. Dabei wird es sich um eine der zentralen Aktionen der Friedensbewegung im nächsten Jahr handeln.
Können Sie erklären, was das Besondere dieses Manövers ist?
Im April und Mai 2020 will die NATO dabei im Baltikum, in Polen und Georgien eine der größten Kriegsübungen ihrer Landstreitkräfte seit dem Ende des Kalten Krieges durchführen. Russland werden Angriffsabsichten auf NATO-Gebiet unterstellt, die »abgeschreckt« werden sollen. Bei der von Kommandozentralen in Deutschland, wie dem US-Heereskommando Europa in Wiesbaden-Erbenheim, sowie dem NATO-Operations- und Logistikkommando in Ulm geleiteten Operation sollen sich 37 000 Soldat*innen mit schwerem Kriegsgerät beteiligen. Diese sollen größtenteils aus den USA, sowie aus 16 anderen NATO-Staaten kommen. Deutschland ist als Aufmarschgebiet für Truppen und Kriegsgerät mit Nutzung der zivilen und militärischen Infrastruktur vorgesehen.
Welche Proteste sind in Deutschland geplant?
In den nächsten Wochen wird es in verschiedenen Städten, unter anderem in Hamburg und wahrscheinlich Leipzig oder Magdeburg, Vorbereitungstreffen geben. Dort werde die konkreten Aktionen geplant. Der Zeitpunkt des Großmanövers im April und Mai fällt zusammen mit dem 75. Jahrestag der Befreiung vom Hitlerfaschismus, an dem die Sowjetunion den größten Anteil hatte. In diesem Kontext werden auch die Aktionen stehen.
Auf dem Friedensratschlag spielte auch der Angriff der türkischen Armee auf die kurdischen Gebiete in Nordsyrien eine Rolle. Ist die Friedensbewegung da nicht in einen politischen Dilemma, weil viele Kurd*innen den Rückzug der US-Soldat*innen kritisiert haben?
Uns ging es um die Rolle Deutschlands bei dem Konflikt. Wir fordern in einer Resolution von der deutschen Bundesregierung ein sofortiges und vollumfängliches Waffenembargo gegen die Türkei. Hermes-Bürgschaften für Türkei-Investitionen deutscher Unternehmen müssen eingefrorenen werden. Gegen die türkische Staatsführung müssen Sanktionen ergriffen werden. Für die türkische Besatzungs-, Vertreibungs- und Umsiedlungspolitik bezüglich Nordsyrien darf es keinerlei politische, wirtschaftliche und finanzielle Unterstützung geben. Zudem fordern wir, dass die Kriminalisierung kurdischer Organisationen in Deutschland sofort beendet wird.
Auf dem NATO-Gipfel verpflichtete sich auch die Bundesregierung zu weiterer Aufrüstung. Wie will die Friedensbewegung darauf reagieren?
Mit der Kampagne »Abrüsten statt Aufrüsten« haben wir Ende 2017 einen erfolgreichen Anfang gemacht, die Bandbreite sozialer Bewegungen zusammenzubringen. Daran wollen wir im Kampf gegen die neuen Aufrüstungsbestrebungen anknüpfen. Im nächsten Jahr gibt es auch zwei historisch wichtige Daten für die Friedensbewegung. Die Ostermärsche werden 60 Jahre jung und vor 40 Jahren wurde der Krefelder Appell initiiert, der 1980 wesentlich mit zur der Stärke der damaligen Friedensbewegung in der BRD beigetragen hat.
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