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Mehr als eine Millionen neuverkaufte SUVs schon im November
Grünen-Politiker Stephan Kühn: Geländewagen als Klimakiller torpedieren den Klimaschutz
Flensburg. SUVs und Geländewagen spalten die Gesellschaft: Für die einen sind sie sinnlos spritfressende Straßenmonster, für die anderen Ausdruck persönlicher Freiheit und bequem bei Einstieg und Beladen. Doch ungeachtet aller Debatten boomt der Verkauf von SUVs und Geländewagen in Deutschland, wie aus Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) in Flensburg hervorgeht. 2019 werden demnach erstmals in einem Jahr mehr als eine Million dieser Fahrzeuge neu zugelassen.
Schon im November wurde die Marke mit 1,03 Millionen SUVs und Geländewagen seit Jahresbeginn geknackt. Das sind 18 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Bis zum Jahresende dürfte der Wert auf rund 1,1 Millionen steigen. Es ist ein weiterer Höhepunkt des seit Jahren anhaltenden Booms: Noch 2015 kamen die beiden Segmente zusammen nur auf rund 600 000 Neuzulassungen.
SUVs und Geländewagen weisen auch im laufenden Jahr das höchste Wachstum in der KBA-Neuzulassungsstatistik auf. Sie machen mit knapp 31 Prozent Marktanteil in den ersten elf Monaten 2019 inzwischen fast ein Drittel der Pkw-Neuzulassungen in Deutschland aus. Klassische Karosserieformen sind dagegen vom Kleinwagen bis zur Oberklasse auf dem Rückzug. Nur die Segmente Mini-Vans, Utilities, Wohnmobile und Sportwagen wachsen ebenfalls - wenn auch langsamer.
»Das hohe Tempo der SUV-Verkäufe wird auch die nächsten Jahre anhalten«, prognostiziert Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer, der das Überschreiten der Millionengrenze bereits vorhergesagt hatte. »Eine Trendumkehr ist nicht erkennbar, das zeigt auch der Vergleich mit anderen Automärkten«, betont er. »Wächst das SUV-Segment in dem hohen Tempo der letzten 10 Jahre weiter, werden bereits 2025 mehr als 50 Prozent der Neuwagen SUVs sein.«
Der Begriff SUV wird in Deutschland oft nicht trennscharf verwendet. Dudenhöffer beispielsweise bezeichnet damit SUVs und Geländewagen aus der KBA-Statistik plus einige zusätzliche Modelle und Varianten, die er ihrer Karosserieform wegen ebenfalls als SUVs sieht.
Die größten Profiteure des SUV- und Geländewagen-Booms sind hierzulande die deutschen Hersteller und ihre Töchter. VW verkaufte in den ersten elf Monaten mit knapp 170 000 die meisten Fahrzeuge aus den beiden Segmenten in Deutschland, gefolgt von BMW mit 93 000, Audi mit 76 000, Ford mit 70 000 und Mercedes mit 66 000. Dahinter folgen Seat Opel und Skoda. Da die Fahrzeuge meist etwas teurer als vergleichbare klassische Pkw sind, lohnt sich dies auch finanziell für die Unternehmen.
»Der Trend zu SUVs ist eine absurde Fehlentwicklung in Zeiten der Klimakrise«, kritisiert dagegen die verkehrspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Ingrid Remmers. »Solch ein Fahrzeug schluckt zu viel Sprit, bläst zu viele Schadstoffe aus, stellt ein höheres Sicherheitsrisiko dar und beansprucht zu viel Platz auf den chronisch verstopften Straßen.«
Der Sprecher für Verkehrspolitik der Grünen im Bundestag, Stephan Kühn, kritisiert den Boom ebenfalls: »Autohersteller, die ihr Portfolio auf solche Klimakiller ausrichten, torpedieren den Klimaschutz«, sagte er und forderte: »Um die ausufernden Zulassungszahlen von SUVs und Geländewagen in den Griff zu bekommen, brauchen wir endlich eine höhere Kfz-Steuer für schwere Spritschlucker, mit der die Kaufprämie für abgasfreie und insbesondere kleine E-Autos gegenfinanziert werden soll.«
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) widerspricht: SUVs seien »keine «Spritfresser» sondern sehr effizient« und stießen pro Kilometer nur in etwa so viel CO2 aus, wie ein Mittelklasse-Pkw. »Die Popularität von Geländewagen und SUVs ist kein deutsches, sondern ein weltweites Phänomen«, sagt ein Sprecher. Die hohe Nachfrage führt er darauf zurück, dass die SUVs »aus Kundensicht erhebliche Vorteile« hätten.
In dieses Horn stößt auch der Verband des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes (ZDK): »SUV treffen den Nerv der Kunden«, sagt ein Sprecher und betont: »Angebot und Nachfrage bestimmen die Marktsituation. Reglementierung oder Verbote wären der falsche Weg. Stattdessen müssen auch alternative Antriebskonzepte jenseits der Elektromobilität gefördert werden.« Auch der VDA betont, entscheidend sei nicht das Segment sondern die Antriebsart: »Als Diesel, Plug-in-Hybrid oder batterieelektrisch leistet der SUV einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz und zur CO2-Reduzierung.«
Elektroautos und Plug-in-Hybride sind in Deutschland trotz Förderung noch deutlich in der Minderheit. Von Januar bis November wurden 97 301 dieser Fahrzeuge neu zugelassen Teilweise handelte es sich dabei auch um SUVs oder Geländefahrzeuge. dpa/nd
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