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Fracksausen in den Chefetagen

Deutsche Konzernbosse sind durch Donald Trumps Handelsstreit mit China verunsichert. Jörg Kronauer erklärt warum.

  • Jörg Kronauer
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Stimmung in den Führungsetagen der deutschen Wirtschaft ist nicht gut: Das hat kürzlich eine Umfrage bestätigt, die das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« und der Zeitschrift »Capital« unter rund 500 Spitzenkräften aus Unternehmen, Politik und Verwaltung durchführte. Lediglich sieben Prozent der Wirtschaftsbosse waren der Meinung, die Perspektive für ihre Branche habe sich in den vergangenen Monaten verbessert; fast die Hälfte hingegen beklagte eine klare Verschlechterung. Und das kann nicht überraschen: Die deutschen Unternehmen werden - exportfixiert, wie sie nun mal sind - von den Zerwürfnissen der Weltpolitik hart getroffen.

Der Austritt Großbritanniens ist immer noch nicht endgültig geregelt; damit hält eine spürbare Unsicherheit bezüglich des zweitwichtigsten Standorts deutscher Investitionen an. Der Präsident der USA, des deutschen Investitionsstandorts Nummer eins sowie des größten Absatzmarkts deutscher Firmen, droht mit weiterer Eskalation des transatlantischen Handelskonflikts. Der Handel mit Russland, einem ehemaligen Hoffnungsträger deutscher Manager, leidet unter den EU- und den US-Sanktionen. Iran, ein weiterer Hoffnungsträger, ist auf absehbare Zeit gleichfalls sanktionsbedingt aus dem Geschäft. Und auch mit der Türkei, einer wichtigen Brücke für deutsche Firmen nach Nah- und Mittelost, gibt es ernsten Streit.

Seit Washington seinen Wirtschaftskrieg gegen Peking eröffnet hat, gerät nun auch noch das China-Geschäft in Gefahr. Das wiegt schwer. Die Volksrepublik hat für die deutsche Wirtschaft in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten erheblich an Bedeutung gewonnen. Sie ist inzwischen größter Handelspartner, drittgrößter Standort deutscher Auslandsinvestitionen und ein bedeutender Kooperationspartner bei der Entwicklung von Zukunftstechnologien - für VW etwa in Sachen autonomes Fahren. Das setzt keiner der beteiligten Wirtschaftsbosse freiwillig aufs Spiel, zumal für einige deutsche Konzerne - Volkswagen beispielsweise - China inzwischen zum größten Markt überhaupt aufgestiegen ist.

Die Allensbach-Umfrage ergab denn auch, dass 80 Prozent der Führungskräfte »sehr beunruhigt« über die Handelskriege von Trump sind, zumal Deutschland und die EU kaum Einfluss auf deren weitere Entwicklung haben. 75 Prozent der Wirtschafts- und sogar 84 Prozent der politischen Eliten fürchten inzwischen, europäische Firmen könnten in Zukunft gezwungen sein, sich zwischen den USA und China zu entscheiden - etwa, wenn die US-Administration nicht mehr nur unilaterale Zwangsmaßnahmen gegen Peking, sondern auch extraterritoriale Sanktionen verhängen sollte wie gegen Iran. In diesem Fall würde sich, so hat es Allensbach ermittelt, rund die Hälfte der Führungsspitzen aus der Wirtschaft für die Vereinigten Staaten entscheiden, rund ein Drittel allerdings für China - und damit gegen die USA.

Als wäre die Lage auf diversen Absatzmärkten und Investitionsstandorten deutscher Firmen nicht bereits ernst genug, droht die deutsche Wirtschaft nun also auch noch regelrecht zerrissen zu werden zwischen ihrem alten transatlantischen Anker und ihrem neuen Stern im Osten, der für die Zukunft nicht nur weiteres Wachstum verheißt, sondern auch Einfluss: Laut Allensbach sind lediglich 23 Prozent der deutschen Führungskräfte der Meinung, die USA könnten die Weltmacht Nummer eins bleiben; 69 Prozent gehen davon aus, sie würden langfristig von China an der Spitze der Weltpolitik abgelöst. Was tun?

Manche Konzerne - etwa die Deutsche Telekom - bauen ihr US-Geschäft systematisch aus. Andere hingegen - BASF beispielsweise - investieren trotz der hochriskanten Lage Milliardensummen in China. Im Oktober hat mit Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen einer der führenden deutschen Autoexperten erstmals ausdrücklich dafür plädiert, »auf Distanz zu den USA« zu gehen. Die Autobranche, deren Interessen er dabei im Blick hatte - China ist für sie schlichtweg unverzichtbar -, ist immer noch die Vorzeigebranche der Bundesrepublik. So sehr Washington auch drängen mag, Berlin solle sich stärker gegen Peking in Stellung bringen: Mächtige Schwergewichte an der ökonomischen Basis sperren sich dagegen. Denn mit einer klaren transatlantischen Positionierung trieben sie wohl ihren eigenen Abstieg voran.

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