- Berlin
- Werkstätten
Mehr Behinderte sollen in reguläre Jobs wechseln
Arbeitssenatorin Elke Breitenbach will den Übergang von Werkstätten in den allgemeinen Arbeitsmarkt erleichtern
Sozialsenatorin Elke Breitenbach will mehr Menschen mit Behinderungen aus Werkstätten auf den allgemeinen Arbeitsmarkt bringen. »Es wird immer über Fachkräftemangel gesprochen. Wir werden uns jetzt noch einmal um einen inklusiven Arbeitsmarkt kümmern«, sagte die Linken-Politikerin. 2020 wolle sie sich verstärkt dafür einsetzen. Laut Geschäftsführerin der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für Behinderte Menschen, Bettina Neuhaus, müssen noch verschiedene Hindernisse überwunden werden. Unter anderem fehle vielen Werkstattmitarbeitern der Anreiz, auf den Arbeitsmarkt zu wechseln.
Laut Breitenbach steht für Wechselwillige genug Geld zur Verfügung, das bislang aber kaum genutzt wird, etwa durch das Bundesprogramm »Budget für Arbeit«. Es soll behinderten Menschen den Einstieg in den allgemeinen Arbeitsmarkt erleichtern. Arbeitgeber erhalten einen Ausgleich für die dauerhafte Minderleistung des Beschäftigten. In Berlin liegt die Zahl der Nutzer des 2018 gestarteten Programms laut Neuhaus aber jährlich nur im einstelligen Bereich. »2019 haben es bis zum Sommer beispielsweise nur sechs Berliner genutzt«, so die Expertin.
»Das Budget für Arbeit und die Anleitung und Begleitung durch einen Jobcoach setzen erst dann ein, wenn ein Mensch es schon geschafft hat, durch alle Bürokratie durchzugehen und alles selber aktiv zu gestalten«, kritisierte Neuhaus. Hier gebe es eine Lücke. Breitenbach will diese schließen. »Wir sind mit den Werkstätten in Gesprächen, dass es hier eine Betreuung und eine Begleitung auf dem Weg in den ersten Arbeitsmarkt gibt«, kündigte die Senatorin an.
In Hamburg habe ein Modellprojekt gezeigt, dass eine entsprechende Betreuung auch die Zahl der Vermittelten steigen lasse. Leider sei die Betreuung nicht bei der bundesweiten Umsetzung des Modellprojekts übernommen worden, so Neuhaus.
Mitarbeiter in den Werkstätten verdienen laut Neuhaus zwar durchschnittlich nur 200 Euro monatlich. Sie genießen aber das so genannte Rentenprivileg. Wer 20 Jahre in einer Werkstatt für Behinderte gearbeitet hat, bekommt laut Neuhaus in der Regel eine Rente von 800 bis 900 Euro. Wer auf den ersten Arbeitsmarkt wechselt, verliert dieses Privileg. Laut Breitenbach müsste dieses Problem auf Bundesebene geklärt werden.
Neuhaus zufolge sind in Berlin rund 10 000 Menschen in Werkstätten wie diesen beschäftigt. Etwa 40 von ihnen schaffen jedes Jahr den Schritt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. »Viele von ihnen kommen bereits von da, etwa mit einem Burnout und wollen nicht unbedingt wieder zurück«, so die Initiatorin. dpa
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.