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Zwei Drittel der Wohnungslosen sind Geflüchtete
Verband fordert Unterkünfte nur für Frauen / Zahl der weiblichen Personen ohne Bleibe steigt
Düsseldorf. Zwei Drittel der Wohnungslosen in Deutschland sind nach Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe anerkannte Flüchtlinge. Insgesamt seien 2018 rund 678.000 Menschen ohne eigene Unterkunft gewesen, davon 441.000 Menschen anerkannte Geflüchtete, sagte die Geschäftsführerin des Verbandes, Werena Rosenke, der Düsseldorfer »Rheinischen Post« (Dienstag). Seit 2016 schließe der Verband in seine Schätzung die Zahl der Geflüchteten ein.
Zudem haben nach Angaben des Verbandes immer mehr Frauen keine eigene Bleibe und sind in Notunterkünften von Gewalt durch Männer bedroht. »Es ist eine prekäre und gefährliche Situation für Frauen, dass es immer noch Gemeinschaftsunterkünfte und sogar sanitäre Anlagen gibt, die nicht nach Geschlechtern getrennt sind«, sagte Rosenke. »Die Frauen sind dort völlig ungeschützt. Waschräume sind nicht abschließbar. Außerhalb von Unterkünften leben sie oft in Mitwohnverhältnissen, um nicht auf der Straße zu sitzen. Dafür erwarten Männer in der Regel Sex«, sagte Rosenke.
Der Anteil der Frauen unter den Wohnungslosen sei in den vergangenen Jahren kontinuierlich auf jetzt 27 Prozent gestiegen. Die größte Gruppe stellten die unter 25-Jährigen dar. Ihr Anteil belaufe sich auf 23 Prozent gegenüber 17 Prozent bei den Männern in dieser Altersgruppe. Rosenke forderte die Einrichtung von Hilfeeinrichtungen und Unterkünften, die ausschließlich Frauen vorbehalten sind. Dazu zählten etwa Frauencafés und von Frauen geführte niedrigschwellige Beratungsstellen. Frauen seien oft schon vor dem Verlust ihres Zuhauses Opfer von Gewalt geworden und hätten Hemmungen, sich Hilfe zu holen, wenn sie dort wieder auf Männer träfen, erklärte Rosenke.
Ferner appellierte sie an die Bundesregierung, einen Schuldenerlass für die Wohnungslosen zu ermöglichen, die bei Krankenkassen Schulden haben. Außerdem sollten Bund, Krankenkassen und kassenärztliche Vereinigungen einen Notfallfonds bilden, aus dem Behandlungen der Wohnungslosen bezahlt werden können. Dieser Fonds müsse sich auf 150 Millionen Euro pro Jahr belaufen.
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