- Kultur
- Böllerverbot
Genug ist genug ist genug!
Wolffs Müllabfuhr
Ginge es nur nach dem gesunden Menschenverstand« - und wir wissen, das tut es nicht -, »müsste das massenhafte Feuerwerken längst verboten sein.« Das teilt uns der deutschest benamste Peter-Philipp Schmitt von der »FAZ« mit. Doch nicht nur der Konjunktiv verrät, dass so etwas trotzdem falsch wäre; steht der Satz doch direkt unter der Überschrift »Genug Verbote« - jener Losung aller, denen schon das ausgedrückte Unbehagen derjenigen, die nicht so denken oder aussehen wie sie, als Verbot erscheint.
Denn trotz aller sachlichen Notwendigkeit muss man akzeptieren, dass das Volk nicht will: »Schon die Aktion ›Brot statt Böller‹, die vor 40 Jahren von der Hilfsorganisation Brot für die Welt ins Leben gerufen wurde, konnte die Deutschen nicht davon abhalten, fast in jedem Jahr noch etwas mehr für Pyrotechnik auszugeben.« Klar, wenn kirchliche Wohltäter die Deutschen nicht bekehren können - gesunder Menschenverstand ist ja bereits ausgeschieden -, dann kann man nichts mehr machen.
»Soll es am Ende also wieder der Staat richten? Wie wäre es mit einem Böllerverbot und einem Feuerwerk, das von den Städten und Gemeinden auf Kosten der Allgemeinheit abgebrannt wird? Das kann und darf nicht sein.« Nein, Vernunft zum Wohl der Gemeinschaft, in Gesetzen gerne mal als Verbot ausgedrückt, darf es nicht (mehr) geben. Das wäre der Kommunismus, der - wir hören es später noch subtil ausgedrückt - im Grunde wie der Nationalsozialismus ist.
Außerdem gibt es schon genug Verbote im Land der Einigenwenigen: »Traurig genug, dass Verbotszonen eingerichtet werden müssen, weil einige wenige mit ihren Raketen in Menschenmengen schießen. Es gibt schon genug Silvesterböller-Beschränkungen. Wem etwa sollte es nützen, wenn Feuerwerkskörper künftig nur noch über dubiose Quellen im Internet zu haben sind?« Ja, nichts brächte ein Verbot, denn die Einigenwenigen kauften Böller im Darknet - und alles wäre wie vorher.
»Feuerwerk gehört so lange zu Silvester, wie es dem mündigen Bürger gefällt. Es kann aber nicht schaden, sich dieses Themas auch mit gesundem Menschenverstand anzunehmen.« Gewiss einen Versuch wert - in der »FAZ« wird man ihn aber nicht finden. Denn dort herrscht nicht nur in Sachen Silvesterböllerei die Gleichgültigkeit des konservativen Liberalismus: Die Leute tun, was sie wollen, und wollen, was sie tun. Weswegen etwas ändern? Und Kritik daran ist bekanntlich Hysterie.
Entsprechend wird auch im Jahresendfeuilleton - legendär albern angekündigt mit den Worten »Wildes Denken statt Leere im Kopf: Welche Antworten lohnt es sich zu suchen, damit auch diese Zwanziger legendär werden?« - brav gefordert: »Genug vom Untergang!« Denn es sieht zwar nicht gut aus: »Es gibt viele Gründe, schwarzzusehen: Der Klimawandel droht die Erde zu zerstören, die Mieten explodieren, die Bildung verfällt, der Regenwald brennt, die Rechtspopulisten ziehen in allen Teilen der Welt herauf, die Arten sterben …« - aber das ist selbstredend kein Anlass, nicht das wilde Denken auf halb so wild zu stellen.
»Es ist ja richtig: Wir leben nicht in der besten aller Zeiten; zu schwer wiegt die ökologische Bedrohung« - dass es im Kern eine ökonomische ist, kommt einem FAZler natürlich nicht in den Sinn, aber wer deswegen gleich etwas ändern will, bekommt das Hufeisen an den Kopf -, »zu groß ist die ideologische Anfälligkeit für vermeintlich einfache Lösungen, wenn tiefgreifende Umbrüche stattfinden, deren Ausgang wir noch nicht kennen.«
Denn »für Kulturpessimisten«, i. e. alles Linksgrüne, gilt »genau das, was sie von jenen einfordern, die ihren Hang zur Apokalypse ausgelöst haben: Einfache Wahrheiten helfen nicht weiter.« Und nach komplizierten muss keiner suchen, denn: »Wir sind frei, die Dinge zu ändern. Und auch: die Dinge anders zu sehen.«
Und wenn nicht, gibt es halt so lange Untergang, wie es dem mündigen Bürger gefällt. Wäre ja auch nicht das erste Mal in diesem Land.
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