Politischer Pianist

Der Klavierspieler Igor Levit fällt durch klare Statements gegen Rassismus und Rechte auf

Mit drei Jahren fing Igor Levit das Klavierspielen an. Mittlerweile ist er 32 Jahre alt, sehr erfolgreich und muss neuerdings unter Polizeischutz auftreten. Mitte November wurde ihm per Email ein Mordananschlag bei einem Konzert in einer süddeutschen Stadt angedroht - weil er eine jüdische Familie hat. Levit schaltete die Polizei ein und spielte das Konzert unter aufwendigen Sicherheitsvorkehrungen.

Davon berichtete er in einem Artikel, den der Berliner »Tagesspiegel« (Sonntagausgabe) veröffentlichte. »Wir müssen uns endlich wehren« lautete die Überschrift. Es gehe nicht um Einzelfälle, betont der in Russland geborene Pianist. »Es geht um Opfer, immer und immer und immer wieder. Und es geht um systematischen Antisemitismus und Rassismus, um Rechtsextremismus, Terror und völkische Gewalt.« Doch die Politiker und Meinungsmacher »scheinen noch immer nicht verstanden zu haben, was die Stunde geschlagen hat«, denn für Levit findet eine »massive Normverschiebung innerhalb unserer Demokratie statt« - die nicht mehr dieselbe sein wird, wenn man diesen ganzen Wahnsinn und Hass ignoriert. Denn wenn nichts passiert, geht das einfach so weiter, in die Mordbrennerei.

»Erst die Sprache, dann die Tat. Erst der fiktive, dann der tatsächliche Mord. Das ist nicht Theorie. Das ist Realität in Deutschland am Ende der 2010 Jahre«, schreibt Levit. Erst kommt die Sprache, das ironische Reden, der Gebrauch der Codes. Anfang der Nullerjahre gingen die Nazis mit Hakenkreuzfahnen demonstrieren, in denen das Hakenkreuz fehlte. Roter Rand, weißer Kreis, das Hakenkreuz musste man sich dazu denken. Im Internet wird nun so getan, als würde man es sich wegdenken. »Manche verletzen nur mit Worten. Aber streichen Sie das ‚›nur‹. Sprachgewalttäter sind Täter«, betont Levit.

Die Musik kann dagegen nichts tun, meint der Musiker, der kürzlich alle Klaviersonaten von Ludwig van Beethoven eingespielt hat. »Sie kann kein Ersatz dafür sein, Rassismus Rassismus zu nennen.« Sie kann kein Ersatz dafür sein, menschlich zu handeln.

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