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Keinen Krieg mit Iran
Am Donnerstagabend versammelten sich in vielen Orten der USA erneut Tausende von Kriegsgegnern
Im Ortskern von Maplewood, einem wohlhabenden Ort im Bundesstaat New Jersey, stehen gut 40 Menschen im Kreis. Auf selbst gemalten Schildern und Plakaten steht »No war with Iran«, »No Blood for Oil« und auch »Make Love, Not War«.
Das Durchschnittsalter beträgt 60, vielleicht auch darüber. Paul Surovell von der örtlichen Friedensgruppe »South Mountain Peace Action« gibt über einen kleinen Lautsprecher den Stand der Dinge durch: Das US-Repräsentantenhaus hat soeben die Trumps Militärbefugnisse im Konflikt mit dem Iran per Resolution begrenzt – symbolisch, denn sie ist für Trump nicht bindend. »Die Demokraten müssen von uns hören, wir müssen immer wieder Druck auf sie ausüben«, sagt Surovell unter dem Applaus der Anwesenden. Angereist sind manche aus bis zu 20 Kilometern Entfernung.
An Hunderten von Orten finden ähnliche Versammlungen statt. Aufgerufen dazu haben US-weit vernetzte progressive Gruppierungen, etwa Moveon, Indivisible oder Greenpeace. Unterstützt werden sie, wie in Maplewood, von den Restbeständen der US-Friedensbewegung. Geplant waren sie als »Notfallversammlungen« zu Kriegsbeginn. Aber tags davor hatte Trump einem heißen Krieg vorläufig eine Absage erteilt.
Schon am Wochenende waren in 80 Städten zu »No War on Iran«-Demos Tausende erschienen, darunter viele Jüngere, die zum ersten Mal demonstrierten. An ein paar Orten kam es dabei zu Aktionen des zivilem Ungehorsams, etwa Strassenblockaden, und zu Versuchen, direkt vor Armeerekrutierungsstellen Soldaten »umzudrehen« – allerdings mit mäßigem Erfolg.
Um ein Haar an einem heißen Krieg vorbei bedeutet in diesem Januar gleichzeitig Auftakt des US-Wahlkampfs. In drei Wochen beginnen in Iowa die mit Spannung erwarteten parteiinternen Vorwahlen. Für Kriegsgegner und dabei vor allem die Jüngeren unter ihnen stellen sich deshalb viele unbeantwortete Fragen – vom Umgang mit den Überresten und den Erfahrungen althergebrachter Friedensgruppierungen über neue Aktions- und Organisationsformen bis hin zum leidigen Problem »mit, gegen oder innerhalb der Demokratischen Partei«. Aus deren Reihen kamen in den letzten Wochen nur wenige positive Signale.
Im Dezember stimmte der größte Teil der demokratischen Abgeordneten mit den Republikanern für den Militärhaushalt von 738 Milliarden Dollar. Ein Zusatzantrag von Demokraten des linken Flügels, der Trump Militäraktionen gegen Iran untersagt hätte, fiel durch. Eine neue Friedensbewegung, die einen entschiedenen Antikriegskurs vertritt, kann deshalb auf nur wenige gewählte Politiker in Washington zählen. Von den demokratischen Anwärtern im Präsidentschaftswahlkampf sprachen sich nur Bernie Sanders, Elisabeth Warren und Tulsi Gabbard klar gegen einen Irankrieg aus.
Antikriegsgegner kritisieren zurecht die Mainstream-US-Demokraten, die mit dem Militärindustrie-Komplex verbandelt sind und sich weiterhin der weltpolitischen Dominanz der USA verschrieben haben. Aber selbstkritische Betrachtungen in den eigenen Reihen sind eine Seltenheit. Denn von einer neuen Antikriegsbewegung kann keine Rede sein. Die meisten regionalen und nationalen Gruppierungen aus der Zeit des ersten Golfkriegs und des Irakkriegs, allen voran der Dachverband United for Peace and Justice, führen seit Jahren noch noch ein Webseitendasein ohne aktive Mitgliedschaft. Manche regionalen Gruppen haben sich seit Jahren nicht mehr getroffen. Dazu kommt, dass in der jungen und grössten linken Formation, den »Democratic Socialists of America«, das Thema Krieg und Frieden weitgehend innenpolitischen Aktivitäten untergeordnet war. Dass sich das schnell ändern muss, wurde allerdings vielen Aktivisten in der vergangene Woche deutlich.
Die Bewegung gegen den Irakkrieg, der im März 2003 begonnen hatte, war trotz spektakulärer Erfolge wie Hundertausenden bei Kundgebungen, nicht schlagkräftig genug, um den Krieg zu verhindern. Mit der Wahl von Barack Obama zum Präsidenten verstummte sie. Um die Kriegsmaschinerie zu stoppen oder sie zumindest zu verlangsamen, hätte es einer politischen Organisationsform bedurft. Aber eine Alternative zur Demokratischen Partei existierte nicht. Unter Obama wurde der größte Teil der US-Bodentruppen aus Irak abgezogen, während er das Ende des Afghanistankriegs versprach. Seine Militärstrategie lief auf Einsätze von Sondereinheiten und Drohnen hinaus.
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Dennoch ist laut Umfragen Mehrheit der US-Amerikaner kriegsmüde und der »ewigen Kriege« überdrüssig. Laut einer Erhebung des Pew Research Center vom Sommer letzten Jahres halten 64 Prozent der Irakkriegsteilnehmer das Unternehmen, Kosten gegen Nutzen aufgerechnet, für sinnlos. Fast deckungsgleich ist die Auffassung der Gesamtöffentlichkeit. Zwei Drittel sind der Überzeugung, der Krieg habe sich nicht gelohnt.
Aktuell hält eine Bevölkerungsmehrheit auch nichts von einem kostspieligen Irankrieg. Im Leib- und Magenblatt der außenpolitischen Eliten »Foreign Policy« hieß es letzte Woche, eine Mehrzahl der US-Bürger sei der Meinung, ein Irankrieg sei nicht in amerikanischem Interesse. Ein Fünftel sei dafür, aber drei Viertel dagegen. Selbst die Republikaner sähen keinen triftigen Grund. Nur 34 Prozent würden einen Krieg befürworten.
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