Aus Datteln 4 dampft es schon

Umstrittenes neues Steinkohlekraftwerk ging trotz Kohleausstiegs ans Netz

Schon lange bevor in Deutschland breit über einen Kohleausstieg debattiert wurde, war das Kraftwerk Datteln 4 am nördlichen Rand des Ruhrgebiets ein Streitthema. Kurz nachdem der damalige Betreiber E.on im Jahr 2006 eine Genehmigung für den Kohlemeiler beantragte, klagten der Umweltverband BUND und Anwohner gegen den Kraftwerksneubau. 2013 bestätigte sogar das Bundesverwaltungsgericht, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Anlage nicht rechtmäßig gewesen war. E.on, heute Uniper, störte das nicht: Der Kraftwerksbau wurde vorangetrieben, was Datteln 4 zwischenzeitlich den Spitznamen »Größter Schwarzbau Deutschlands« verschaffte. Einige politische Verrenkungen und neue Genehmigungen folgten, gegen die ebenfalls Klagen anhängig sind. Doch sowohl die rot-grüne als auch die spätere schwarz-gelbe Landesregierung von Nordrhein-Westfalen wollten Datteln ans Netz bringen. Erst mit dem Kompromiss zum Kohleausstieg schienen die Tage für das 1100-Megawatt-Kraftwerk gezählt. Darin hieß es, Kraftwerke, die noch nicht in Betrieb gegangen seien, sollten nicht ans Netz gehen. Mit den Betreibern sollten dafür Lösungen gefunden werden.

Dieser Passus, der sich speziell auf das Kraftwerk in Datteln bezog, scheint nicht mehr zu gelten. Uniper möchte das Kraftwerk im kommenden Sommer in den vollen Betrieb nehmen und erhält dafür Rückendeckung von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). Schon im Herbst polterte der, beim Widerstand gegen Datteln 4 handele es sich um einen »Kampf zwischen Symbolik und Vernunft«. Wem Klimaschutz wichtig sei, der solle das Kraftwerk ans Netz gehen lassen und ältere, mehr CO2 ausstoßende Kraftwerke abschalten. Ähnlich argumentiert auch Uniper und ließ in der vergangenen Woche verlauten, man könne sich vorstellen, für Datteln die fünf anderen Kohlekraftwerke des Konzerns abzuschalten oder auf Gas umzurüsten. Dies ist ein Vorschlag, der bei Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff gar nicht gut ankam. Er pocht darauf, dass das Uniper-Braunkohlekraftwerk Schkopau weiter betrieben und erst 2035 abgeschaltet wird. Ein früheres Aus für das Kraftwerk habe negative Folgen für die Region.

In der Zwischenzeit trieb Uniper die Inbetriebnahme von Datteln 4 voran. Der Meiler befindet sich derzeit schon im Testbetrieb. Seit Anfang Januar bietet Uniper an der Strombörse 500 Megawatt Kohlestrom aus dem neuen Kraftwerk an. Im Februar soll es dann noch einmal abgeschaltet werden und nach einem weiteren Probebetrieb im Frühjahr im Sommer in den regulären Betrieb übergehen.

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Dagegen regt sich Widerstand. Der BUND kritisiert den Plan, Datteln in Betrieb zu nehmen. Es seien noch verschiedene Klagen anhängig, eine rechtskräftige Genehmigung gebe es nicht. Die Uniper-Idee, alte Kraftwerke abzuschalten oder umzurüsten, sei eine »Trickserei«. »Dieser Vorschlag entspräche einer deutlichen Ausweitung der Energieerzeugung aus fossilen Quellen und damit sogar einer deutlichen Erhöhung der CO2-Emissionen«, so der Landesvorsitzende des Umweltverbands, Thomas Krämerkämper. »Das wäre das Gegenteil des Kohleausstiegskompromisses und einer Energiewende.« Aufgrund alter Abnahmeverträge mit RWE und der Bahn sei mit einer hohen Auslastung des Kraftwerks zu rechnen, obwohl diese Kunden den Strom gar nicht mehr wollten. Um Unipers »umweltzerstörerische Strategie« zu stoppen, bräuchte es »massiven Druck von außen«.

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Ein Akteur, der diesen Druck mit erzeugen könnte, ist die Klimagerechtigkeitsbewegung. »Wir werden ein neues Kohlekraftwerk nicht zulassen. Uniper kann sich auf massiven Widerstand gefasst machen«, erklärt Kathrin Henneberger vom Bündnis »Ende Gelände«. Die Klimaaktivistin verweist zudem auf die fragwürdige Herkunft der Steinkohle. In Kolumbien, wo Deutschland 3,8 Millionen Tonnen Kohle bezieht, sei die indigene Bevölkerung Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Deswegen könne man von »Blutkohle« sprechen. Auch sei nicht ausgeschlossen, dass Kohle für Datteln aus Aus-tralien komme. Vergangenes Jahr importierte 5,2 Millionen Tonnen aus-tralischer Steinkohle.

Auf die Nachfrage des »nd«, woher Uniper seine Kohle bezieht, antwortete eine Unternehmenssprecherin lapidar: »aus Rotterdam«. Es sei eine Mischung verschiedener Herkunft. Auch der Nachhaltigkeitsbericht des Konzerns liefert keine Antwort.

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